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nur selten abgeht. Die Zahl der auf einer Bauernwirthschaft gehaltenen Thiere ist meist
nach dem Höchstmaße der Ernährungsfähigkeit bestimmt, so daß in der Regel den ganzen
Winter hindurch nur die kärglichste Ernährung der Thiere stattfindet. Mit Beginn des
Frühjahres wird das gesammte Vieh ohne Unterschied des Alters und Geschlechtes auf
die Weide getrieben. Von einer Leitung der Paarung ist nicht die Rede, so daß noch nicht
entwickelte Vater- und Mutterthiere oft in einem widersinnig frühen Alter zur Fortpflanzung
gelangen und durch Zeugung einer schwachen Nachkommenschaft zur Verschlechterung des
Allgemeinwerthes der Race beitragen. Ferner wird auf den Mehrbedarf an Nahrung bei
den Mutterthieren während der Trächtigkeitsdauer keine Rücksicht genommen, so daß die
letzte Zeit der Trächtigkeit oft mit der Periode der größten Futternoth zusammmenfällt.
In vielen Gegenden besteht unter den Bauern das Bestreben, sich gegenseitig nicht
durch den bestgehaltenen und schönsten, sondern durch den zahlreichsten Viehstand zu
überbieten, und so wird der Viehstapel mancher Bauernwirthschaft, um einen Dorf-
genossen zu überflügeln, derart erhöht, daß dessen Überwinterung auch bei kärglicher
Ernährung nicht mehr recht möglich und das Verkommen der Thiere, namentlich des
jungen Nachwuchses, unausbleiblich ist. Durch die dauernde Einwirkung dieser Faetoren ist
die Qualität derart gesunken, daß das Vorkommen tadelloser, zuchltanglicher Individuen zu
den Seltenheiten gehört.
Die in Bosnien und der Hercegovina vorkommenden Pferdeschlüge zeichnen sich
durch eine außerordentliche Ausdauer, Härte und Widerstandsfähigkeit aus. Namentlich der
in den gebirgigen Theilen des Landes von einzelnen Grundherren gezogene Neitschlag wird
sehr geschätzt. Zur Zeit der ottomauischen Verwaltung wurden dnrch türkische Ossiciere und
höhere Beamte Araberhengste als Reitpferde in das Land gebracht, welche später von den
Begs und Agas angekauft und als Vaterpferde verwendet wurdeu. Auf diese Weise bildete
sich der gegenwärtige, zweifellos aus der Kreuzung orientalischer Hengste und einheimischer
Stuten hervorgegangene Pferdeschlag ans, dessen charakteristische Merkmale ein kleiner
trockener Kops mit großen lebhaften Augen, kräftiger Rücken, kurze stämmige Gliedmaßen
und breite Brust bei einer Höhe von 145 bis 148 Centimeter sind. Allerdings war dieser
Schlag schon früher im Lande nur wenig verbreitet und fand sich zur Zeit der Oecupation
nnr ganz spärlich vor, weil durch die vorausgegangenen vielen Aufstände und Kämpfe
gerade das beste Pferdematerial aufgebraucht worden war.
Die Pferde der Posavina, welche die Beimengung slavonischen Blutes deutlich
erkennen lassen, sind wohl größer uud erreichen eine Höhe bis zu 154 Centimeter,
besitzen jedoch, obwohl vorzüglich für den Zug geeignet, nicht jene Härte und Ausdauer
wie die Pferde aus den Gebirgsgegenden. Der verbreitetfte Pferdeschlag ist das Tragthier,
welches früher bei dem ausgesprochenen Gebirgscharakter des Landes und bei dem
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bosnien und Herzegowina, Volume 22
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Bosnien und Herzegowina
- Volume
- 22
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1901
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.34 x 22.94 cm
- Pages
- 536
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch