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Mißgeschick, Brand und Verwüstung, immer noch Wiederherstellung und theilweise
Umgestaltung zuließ. Ein glänzender Beweis, daß sie an Festigkeit den hiesigen Durchschnitt
weit übertrifft. Die Zeit ihrer Entstehung ist nur annähernd festzustellen. Rogerins, einer
der Erzdechauteu der Großwardeiner Diöcese, erzählt in der Schilderung seiner Flucht aus
tatarischer Gefangenschaft, er und seine beiden Gefährten wären in den menschenleeren
Einöden durch die Kirchthürme von Ort zu Ort geleitet worden; am achten Tage hätten
sie Fehervär (Karlsburg), den Sitz des siebenbürgischen Bischofs erreicht, aber auch da
nichts gefunden, als Gebeine und Köpfe von Ermordeten, zerstörte und gestürzte Mauern
von Basiliken und Palästen. Daraus ist ersichtlich, daß im Jahre 1241 zu Karlsburg schon
eine bischöfliche Kathedralkirche bestand, und wenn die Tataren keine Zeit gehabt hatten,
die Dorfkirchen zu zerstören, ist es soviel wie sicher, daß sie auch die Mauern der
Karlsburger Kathedrale nicht zu Falle brachten, der Ausspruch des Rogerius also nur
allgemeine Geltung beanspruchen kann, das heißt, die Größe der Verwüstung kennzeichnet.
Eine Urkunde bezeugt, daß die Sachsen im Jahre 1277 unter der Führung Jans,
Sohnes des Alard, die Kathedrale geplündert und in Brand gesteckt haben. Erhalten sind
ferner aus den Jahren 1287 und 1291 zwei Verträge über Arbeiten zur Wiederherstellung
der Kirche nach jener Verwüstung. Zieht man in Betracht, daß Siebenbürgen nach dem
Tatareneinfall halb entvölkert war, so ist es nicht wahrscheinlich, daß die Kathedrale
innerhalb der 36 Jahre von 1241 bis 1277 erbaut worden sei. Die Kathedrale stand also
schon im Jahre 1241 und konnte nicht später erbaut worden sein, als zu Anfang des
XIII., aber auch nicht früher, als um die Mitte des XII. Jahrhunderts.
Mit den Tataren beginnt eine lange Reihe von Verheerungen. Auf die Sachsen
Jans folgten 1307 wieder Sachsen, dann 1442 die Türken, 1556 und 1601, in der
Reformationszeit, die Christen, die das Bisthnm aufhoben, 1603 unter Gabriel Bethlen
und Moses Szekely die mit den Türken verbündeten Christen, und 1658 wieder die
Türken; so lösten sie sich im Werk der Verwüstung ab. Die Belagerung der Festung im
Jahre 1849 richtete verhältnißmäßig den geringsten Schaden an. Und auf alle Unbilden
dieser 600 Jahre folgten jedesmal Wiederherstellungen, Umgestaltungen und neue
Zubauten.
Auf dem beigefügten Grundriß bezeichnen die hell schrasfirten Linien die Theile von
späterem Ursprung. Es sind dies: die Zubauten zu den Querschiffen (1287 und 1291),
das verlängerte gothische Chor (1442—1456 und 1753), an der Nordseite die Läzö'sche
Eingangshalle im Renaissancestil (1512), endlich an der Westseite die beiden Thürme,
die zwischen ihnen gelegene Vorhalle und das Hauptportal. Die beiden Thürme stammen
vermuthlich aus dem XV. Jahrhundert, doch ist nur der südliche ganz ausgebaut, und
diesen ließ Gabriel Bethlen im Jahre 1603 durch italienische Arbeiter in seiner jetzigen
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (7), Volume 23
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (7)
- Volume
- 23
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1902
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.13 x 23.25 cm
- Pages
- 622
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch