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die letzte Restaurirung (187(1 bis 1880) ließ das Ärar nach den Plänen von Franz
Schulcz, später von Emerich Steindl durchführen. Sie ist ans gutein Material sorgfältig
gebaut, so daß die Stürme der Zeiten sie der Eigenthümlichkeiten nicht berauben konnten,
denen sie es nächst ihrem pietätvoll gehegten historischen Ruhme verdankt, daß sie eines
der hervorragendsten derartigen Baudenkmäler des Landes ist. Das Vorbild des mittel-
alterlichen Bnrgbanes diesseits des Königssteiges ist die fränkische Ritterburg; ihr
Einfluß zeigt sich auch in den Namen der Burgen, die häufig, wie aus dem Deutschen
übersetzt, auf „kö" (Stein) enden (Detrekö, Borostyänkö u. s. w.). Auch jenseits des
Königssteiges, wo alte locale Überlieferungen und neuere Verhältnisse das Befestigungs-
system bestimmen, findet sich kein Seitenstück zur Burg des großen Türkenbesiegers.
Diese richtet sich nach dem Mnster der Burgen, die in der zweiten Hälfte des
XIV. Jahrhunderts in Frankreich gebräuchlich waren, und besitzt beide Eigenschaften,
durch welche sich diese von den früheren französischen und auch von den gleichzeitigen
deutschen Burgen unterscheiden. Die eine besteht in dem Fehlen der Umfassungsmauer,
die andere darin, daß nicht der Bergfried der Haupttheil ist, sondern die Vertheidigung
sich gleichmäßig vertheilt. Während also jene wirkliche Befestigungen, aber mehr oder
weniger unbequem zu bewohnen sind, erscheinen diese mehr als befestigte Paläste, von
regelmäßigem oder unregelmäßigen Terrain und umschlossen von Flügeln, denen auch
äußerlich eine schmucke architektonische Durchbildung zu Theil wird.
So ist auch Burg Vajda-Hunyad. Eines unserer Bilder zeigt das Äußere der beiden
Flügel, die zur Zeit Johann Hunyadi's und der Elisabeth Szilägyi gewiß nach einheitlichem
Plane gebaut wurden. Die stattliche Front des einen ist mit vorspringenden geschlossenen
Erkern, die auf mächtigen Pfeilern rnhen, geschmückt. Hinter ihnen geht ein Gang die Wand
entlang und zieht sich dann über die mit einfachen Arkaden gegliederte Fortsetzung des Flügels
bis zu dem in der jenseitigen Ecke aufsteigenden Donjon. Der andere Flügel wahrt mehr den
Charakter des mittelalterlichen Befestigungsbaues und zeichnet sich durch die malerische
Gruppiruug seiner Thürme und Basteien aus.
Der einzige Eingang der Burg ist das Thor am Fuße des die beiden Flügel
verbindenden Thurmes; es war einst durch eine Zugbrücke mit dem Bachufer verbunden.
Das Thor führt direct in den geräumigen Hof. Dieser bildet ein längliches unregelmäßiges
Fünfeck; sein heiterer, anheimelnder Charakter läßt vergessen, daß man sich in einer mittel-
alterlichen Burg befindet. Rechts führt eine einfache Thüre in den Rittersaal, der sich im
Erdgeschoß des von Johann Hnnyadi erbauten Flügels befindet; er ist durch fünf acht-
eckige Pfeiler aus rothem Marmor in zwei Schiffe und sechs Traveen getheilt. Die Basen
und laubgeschmückten Capitäle der Pfeiler, sowie die Rippen und Schlußsteine des
Gewölbes sind aus trefflichem Kalkstein gehauen. Ein Pfeiler hat eine lateinische Inschrift,
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (7), Volume 23
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (7)
- Volume
- 23
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1902
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.13 x 23.25 cm
- Pages
- 622
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch