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still und friedlich und vermehrungskräftig. Zu dem also geschwächten Siebenbürgen
hinüber schallt aus dem immer mehr erstarkenden Mutterlande schon recht frühzeitig
Stimme auf Stimme nnd heischt die Wiederanknüpfung der um die Mitte des
XVI. Jahrhunderts gelösten Bande. Diese Stimmen finden in Siebenbürgen lange keinen
Wiederhall, denn die Generationen können sich dem Zauber der Erinnerung an eine vor
Kurzem noch bestandene Selbständigkeit noch nicht entwinden. Nach und nach aber kommt
doch die Zeit, wo die führenden Elemente des Landes jenseits des Königssteiges selbst
schon diese Bestricknug durch die Überlieferungen als ein Joch zu empfinden beginnen; nun
horchen sie gern dem Rufe, und das Jahr 1848 bringt endlich die völlige Union zwischen
dem einstigen „Land Siebenbürgen" und dem verjüngten ungarischen Staate.
Abermals ist Siebenbürgen ein ergänzender Theil des ungarischen Reiches.
Der verfassungsmäßige Organismus des alten Siebenbürgen,
Nachdem sich Siebenbürgen um die Mitte des XVI. Jahrhunderts von Uugaru
getrennt hatte, constitnirte es sich als besonderer Staat. Die Lossouderung geschah nicht
auf einmal, sondern stufenweise, unter dem Zwange der Ereignisse. Das ungarische Reich
selbst hatte sich schon früher, gleich nach dem Mohaeser Unglück, in zwei Theile getheilt,
da das Land zwei Könige wählte, deren einer, Johann Szapolyai, die östlichen Theile,
aber noch Ofen als Hauptstadt mit inbegriffen, besaß. Die Lostrennung Siebenbürgens
geschah als Folge der türkischen Eroberung, nachdem die Türken 1541 Ofen der Witwe
Szapolyais, Königin Jfabella, entrissen hatten, wodurch das Reich seines Sohnes Johann
Sigismuud auf Siebenbürgen, die ungarischen Comitate jenseits der Theiß und die
Kaschaner Gegend beschränkt wurde.
Die siebeubürgischeu Stände hielten hierauf 1542 zu Torda (Thorenburg) einen
Landtag ab, um die Verfassung festzustellen und den Staat zu orgauisireu, und da wurde
denn Siebenbürgen als selbständiges Fürstenthnm eingerichtet. Jsabella und Johann
Sigismund verlegten ihren Wohnsitz nach Karlsburg. Auf diesem und den folgenden
Landtagen wurden der Gubernialrath und die Gerichtshöfe organisirt, das Steuerwesen,
der türkische Tribut und die freie Fürstenwahl geregelt.
Zwar wurde Siebenbürgen 1551 für kurze Zeit wieder mit Uugaru vereinigt,
allein fünf Jahre später wählten die siebenbürgischen Stände neuerdings Johann
Sigismund zum Fürsten. Auf dem damals (November 1556) abgehaltenen Klansenburger
Landtage wurde die neue Staatsform Siebenbürgens festgestellt. Damit beginnt das
selbständige staatliche Leben Siebenbürgens und der ihm zugehörigen Comitate jenseits
der Theiß; es ist nnn ein unabhängiges Wahlsürstenthum bis 1690, dem Tode des
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (7), Volume 23
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (7)
- Volume
- 23
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1902
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.13 x 23.25 cm
- Pages
- 622
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch