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namentlich gequollene Formen und pflockartige Stalagmiten, während die sänken- und
zapfenförmigen Gebilde der Zerstörungslust der Hirten zum Opfer gefallen sind. Im
Erdreich der Höhle fanden die grabenden Forscher Knochen des Höhlenbären.
Wo das Toroczköer Thalsich etwas ausweitet, liegt Toroczkö-Szeut-György
mit 940 magyarischen Einwohnern. Westlich vom Dorfe steht auf einem Felsenvorsprung
die Burg der Thoroczkay, als Ruine, die zum malerischen Eindruck der Gegend beiträgt.
Östlich vom Dorfe, bei dem südwärts streichenden Ausläufer des Szökelykö (Szeklersteiu)
und dem Dorfe Hidas, zeigt die ungeheuere Masse des Geßtegberges eine ihrer steilen
Kalkwände, in der sich dunkle Höhlenlöcher öffnen. In der Kuruczeuzeit, als Tiege's
Schaareu Nagy-Euyed zerstört hatten und die dortigen Einwohner zum Theil nach
Toroezko geflohen waren, verbargen sich die Lehrer und Schüler des resormirteu Kollegiums
iu der Höhle bei Toroczkö-Szeut-György. Diese Ortschaft ist übrigens recht regelmäßig
angelegt und hat hübsche Häuser, darunter die Eurieu der Familie Toroczkay und drei
Kirchen, eine römisch-katholische, resormirte und unitarische. Ein paar Kilometer weiter
liegt die Großgemeinde Toroezko.
Die Einwohner von Toroezko und Toroezkö-Szent-György sind die magyarisirten
Nachkommen von deutschen Bergleuten aus Eisenwurzel, die uuter den ärpädischen
Königen hier angesiedelt wurden. Die einst blühenden Eisen- und Silberbergwerke sind
jetzt verlassen. Jetzt sind die Bewohner meist Steinarbeiter, Unternehmer und betreiben
Wirthsgeschäft im Aranyosthale. Der Ort von 1395 Einwohnern sieht mit seinen hübschen
steinernen Häusern, gepflasterten Gassen und dem geräumigen Marktplatz wie ein wohl-
habendes Städtchen aus. Die Tracht des fleißigen Volkes gehört zu den schönsten und
kostbarsten ungarischen Volkstrachten. Die Mädchen tragen an Feiertagen das Hemd mit
rother und schwarzer Seide oder farbigem Faden ausgenäht und zuweilen mit Perlen
gestickt, dazu Armspangen aus bunten Perlen, dicht gefältelte weiße Röcke und rothe
Stiefel. Die heiratsmäßigen Mädchen tragen die goldstrotzende p6,rta (Kopfreif), von
der lange Seidenbänder über den Rücken hinabfallen, und einen Gürtel aus Schnürwerk,
in den sie ein Seidentüchel stecken, dazu einen dicht gefältelten dunklen Mantel. Die
jungen Frauen schmücken das Hemd mit Metallplättchen (islvss). Das schmuckste weibliche
Kleidungsstück ist das Miederleibchen (küsn^v); es wird in der mannigfaltigsten Weise
mit farbiger Seide und Perlen gestickt. Die Frauen tragen glatte schwarze Kopftücher
und einen Schleier darüber. Als Oberkleid werfen sie sich im Sommer ein Pelzlein ans
Sämischleder leicht um den Hals. Im Winter aber wird unter diesem noch ein mit Lamm-
fell verbrämtes, seitlich geknöpftes Tnchleibel getragen. An Feiertagen tragen sie eine
dunkle, verschnürte und mit Lammfell verbrämte Tnch-Mente über die Schulter geworfen.
Die Werkeltagstracht besteht aus einem dunkelblauen Rock, farbiger Schürze, kurzem
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (7), Volume 23
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (7)
- Volume
- 23
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1902
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.13 x 23.25 cm
- Pages
- 622
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch