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Doppeladler, in den die einstigen armenischen Herrscher, nachdem sie Christen geworden,
das Kreuz einfügten.
In ethnographischer Hinsicht sind besonders bemerkenswerth die Statuten, die im
Laufe des XVIII. Jahrhunderts von den Repräsentanten der armenischen Compagnie in
ihren Sitzungen aufgestellt wurden und deren einige auch auf die früheren Sitten und
Gewohnheiten der Armenier ein sehr interessantes Licht werfen. Die meisten Vorschriften
sorgen für die Heiligung der Sonn- und Feiertage und arbeiten durch strenge Verfügungen
darauf hin, dem überhandnehmenden Luxus zu steuern. So bestimmt eines der ältesten
Statute, daß die Behörde und die erwählte Repräsentanz gehalten seien, an Sonn- und
Feiertagen in corpore die Kirche zu besuchen und daß die für sie reservirteu Plätze in
den Kirchenbänken von niemandem sonst besetzt werden dürfen. Ferner wird verfügt, daß an
Sonn- und Feiertagen die Kaufladen geschlossen seien. An denselben Tagen ist alle geräusch-
volle Arbeit verboten, sowie nach Vesperläuten das Verweilen in den Wirthshäusern
und das Weinausschenken. Ein anderes Statut aus den ersten Jahren des XVIII. Jahr-
hunderts regelt die Hochzeitsgebräuche. In Zukunft, heißt es da, soll es bei den Hochzeiten
nicht mehr als acht Tüchlein geben, davon drei dem Beistand, eines dem Bräutigam und
vier dem Vater oder Bruder der Braut gegeben werden sollen; es sollen nicht über
achtzehn Paare sein, davon der Beistand, der Bräutigam und die Braut je sechs einladen
können; ferner sollen beim Hochzeitsmahl fortan keine Humpen, sondern Becher verwendet
werden. Spätere Regulative verbieten das Tragen kostbarer Kleider bei den Hochzeits-
festen. Weder Mann noch Weib soll sich unterstehen, goldene Ketten, weiße Perlen,
kostbare Busennadeln, Agraffen, kurz was immer für köstliches Schmuckzeug, und vollends
gar Perücken zu tragen. Das Tragen golddurchwirkter Stoffe ist in und außerhalb der
Stadt verboten; verboten auch Goldgeflecht und Verschnürung am Oberkleid (Mente),
spitzenbesetzte Kleidgürtel oder Schürzen; desgleichen sind gold- und silberverziertes
Schuhwerk und seidene Strümpfe männiglich untersagt; auch des Bräutigams Hemd, das
die Braut dem Bräutigam geschenkt hat, damit er darin vor den Altar trete, soll nicht mit
Seide, Gold- und Silberfäden gestickt sein; und das Mitgebrachte der Braut darf nicht
auf den Tisch ausgelegt werden, damit die Fremden es sehen.
Nicht minder interessant und charakteristisch ist das Statut, das von der kirchlichen
und weltlichen Vertretung der siebenbürgischen Armenier 1727 zu Szamos-Üjvär geschaffen
wurde. Darin ist unter Anderem durch einstimmigen Beschluß ausgesprochen, daß jeder,
der an Sonn- und Feiertagen keine Kirche besucht, der Kirche zwei Pfund Wachskerzen
und den Richtern drei ungarische Gulden bezahlen soll; und wer Hexerei oder ander-
weitige Zauberkunst treibt oder Anderen darin Rath ertheilt, soll zur Strafe der Kirche
24 ungarische Gulden bezahlen, wovon ein Drittheil der Obrigkeit zufällt; und keinem
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (7), Volume 23
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (7)
- Volume
- 23
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1902
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.13 x 23.25 cm
- Pages
- 622
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch