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Das Burzenland (Barezasäg) taucht in der Geschichte im Jahre 1211 auf, da es
von König Andreas II. als unbewohnte Öde den Deutschen Rittern verliehen wird.
Im Verleihungsbrief war es ausdrücklich bedungen, dass sie keine steinernen Burgen
bauen dürsten; allein die Ritter bauten trotzdem zum Schutze ihres Gebiets der Reihe
nach die Burgen Zeiden. Kronstadt und Marienburg, wie sie denn überhaupt Alles
aufboten, um ihr Besitzthum von der königlichen Macht unabhängig zu machen. Die
Folge davon war, daß Andreas II. sie im Jahre 1225 aus dem Bnrzenlande vertrieb.
Die deutschen Bauern jedoch, welche die Ritter als Ansiedler mitgebracht hatten, blieben
zurück. Der König beließ ihnen die meisten Rechte, die er den Deutschen Rittern gewährt
hatte, sie hatten bloß 150 Mark Silber jährlich an den Szekler Gespan abzuliefern.
Ihre Geistlichen und Richter wählten sie selbst und schlichteten ihre Streitfälle untereinander
nach ihrem besonderen Rechte. Die junge Colonie schlng kräftig Wurzel und überstand
glücklich selbst den Tatarensturm von 1241. Kronstadt riß den Vorrang über Zeiden
und Marienburg an sich und wurde Hauptort des ganzen Bnrzenlandes; es war auch
unter dem Namen „Kronstädter District" ein besonderes Verwaltungsgebiet, bis es 1876
in das jetzige Kronstädter Comitat verwandelt wurde.
Sitz des Comitates ist Kronstadt (Brassö), eine Stadt mit geordnetem Magistrat
und 34.600 Einwohnern. Es liegt am Südrande des Burzeulaudes, in der Mündung
eines breiten, von Süd nach Nord ziehenden und auf drei Seiten von hohen Bergen
umgebenen Thales, und ist von der 961 Meter hohen Zinne (Kapellenberg, Czenk)
überragt. Es ist eine der fchönstgelegenen Städte des Landes. Seinen Kern bildet die
verhältnißmäßig kleine innere Stadt. Südlich von dieser liegt der Stadttheil „Obere
Vorstadt" („Bulgarei", Bolgärßeg), die tief ins Gebirge hineingreift. Gegen Süd-
westen erhebt sich, 718 Meter hoch, der Raupenberg und östlich von diesem der
isolirte Schloßberg. Zwischen beiden ziehen sich die Straßen der Altstadt bis zur
St. Bartholomänskirche am Rande der Bnrzenländer Ebene. Jenseits des Schloßberges,
gegen die Staatsbahn hin, liegt der Stadttheil Blnmenau (Bolonya) am Fuße des
Schneckenberges.
Der Name der Stadt ist der Brassovia-Burg entlehnt, welche in früheren Jahr-
hunderten auf der Zinne stand. Die Stadt lag ursprünglich dort, wo jetzt die Altstadt
ist, später wurde sie der leichteren Vertheidigung wegen an den Fuß der Burg Brassö
verlegt, wo jetzt die innere Stadt liegt. Ihre Glanzzeit begann nnter Ludwig dem Großen,
der sie mit neuen Rechten und Befugnissen ausstattete, so daß unter dem Schutze des
Zunftsystems Gewerbe und Handel rasch erblühen konnten. Er verlieh der Stadt auch
das Stapelrecht. Ihr Handel erreichte im XV. Jahrhundert europäische Bedeutung, sie
wurde einer der Knotenpunkte des Orienthandels, der über Hermannstadt und Klausenbnrg
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (7), Volume 23
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (7)
- Volume
- 23
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1902
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.13 x 23.25 cm
- Pages
- 622
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch