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Die Csängö der Siebendörfer bauten ihre Häuser früher aus Holz und brachten
nur gegen die Gasse hin ein kleines Fensterchen an. Seit der Zerstörung im Jahre 1848
bauen sie solider; heutigentags ziehen sich ihre meist sauberen, ja hübschen steinernen
Häuser in meilenlanger Reihe hin, und fast jedes Haus hat nach der Straße zwei größere
Fenster. Die Häuser tragen auch den Charakter ihrer Besitzer an der Stirne geschrieben;
man sieht dort das Sinnbild des Pfluges iumitten einer frommen Inschrift, die auch die
Namen des Ehepaares und das Baujahr uennt. Beiderseits vom Flur öffnen sich zwei
Stuben: gegen hinten die Wohnstube, gegen vorne die Prnnkstnbe. Die Einrichtung, im
Ganzen uud Großen nach Szekler Art, ist nett, sogar schmuck. Hier prangen die Meister-
werke des weiblichen Hausgewerbes, die prächtigen Gewebe, in einer Mannigfaltigkeit
geschmackvoller Muster. Hier thürmt sich das Staatsbett auf, mit einer Last aufrecht
gestellter Kissen in schön gewebten, bunten Überzügen. Am Fensterhaken hängt zur Masche
geschlungen ein Tuch, was ein eigenthümliches Zierstück des Csängöhauses ist.
Die Männer tragen nieist langes Haar und im Sommer einen breitkrämpigen
schwarzen Hut, im Winter eine Lammfellmütze. Der Stehkragen des flachsleinenen Hemdes
hat einen gestickten Spitzenbesatz; unten ist das Hemd durch den breiten Ledergürtel
durchgezogen und bedeckt das Obertheil der Hose, was an rumänische Tracht erinnert.
Darüber tragen sie ein Lederwams, und über diesem, angezogen oder umgeworfen, einen
vorne reich verschnürten Gala-Janker, in den Vierdörfern von weißem, in den Dreidörfern
von schwarzem Tuch. Die magyarische Frauentracht der Siebendörfer ist sehr malerisch
und kostbar. Die junge Frau trägt eine Haube (esepes?), die rückwärts lang herabgeht,
von der Stirne bis zum Nacken aber unter dem Haarwickel durch ein Band festgebunden
ist; dazu kommt noch das goldgestickte „Junge-Frauen-Band", ein Geschenk des Bräutigams,
das zwei Jahre nach der Hochzeit durch ein kirschrothes oder schwarzes Band ersetzt wird.
Die helmsörmige Haube ist schön gestickt, was sich noch durch das jahraus jähren«
getragene Schleiertuch bemerklich macht. In den Dreidörfern trägt man gelbseidene
Schleier (baranesik), in die das junge Frauchen die ersten Monate hindurch sechs bis acht
hübsche, mit Rosetteu verzierte Nadeln steckt; so lange dies der Fall ist, darf sie sich in
der Kirche nicht setze». Die Frauen tragen lange, weiße Linnenhemden, an Kragen und
Ärmeln meist mit rothem oder weißem Faden ausgenäht, für Feiertage mit Goldspitzen
geschmückt. Um den Hals schlingen sich Schnüre von Korallen oder Glasperlen; Ohr-
gehänge sind nicht gebräuchlich.
Unter den alten Csängöbräuchen der Siebendörfer ist der Boricza-Tanz der
interessanteste. In den Vierdörfern ist er längst abgekommen, nur die Dreidörfer haben
ihn noch. Mitte December wählen die Bursche der Dreidörfer je einen Anführer
(vatük, rumänisches Wort), der sie die verwickelten Figuren des Tanzes lehrt. Am
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (7), Volume 23
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (7)
- Volume
- 23
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1902
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.13 x 23.25 cm
- Pages
- 622
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch