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Mädchen gewählt, so geht er in Begleitung zweier vertrauter Personen auf die Brautschau;
nach gegenseitiger Einwilligung wird der Verlobungstag festgesetzt. Am Vorabend wird
im Hause der Braut getafelt; dabei binden die Mädchen der Braut einen Epheukrauz,
spannen gedrehte Strohseile quer vor das Hausthor und pflanzen eine 4 bis 5 Klafter
hohe Stange ans, an deren Spitze ein Topf gesteckt ist. Am nächsten Morgen versammeln
sich die Gäste im Hause des Bräutigams, von wo sie sich zur Braut begeben. Voraus
reitet der Haushofmeister, die Mähne seines Pferdes ist mit rothem Band geflochten, er
hält eine Holzflasche mit Wein in der Hand. In einer Reihe mit ihm reiten die Kuchen-
träger. Am Hausthor übergeben sie die Kuchen dem Haushofmeister der Braut, die alles
unter ihre Freundinnen vertheilt. Hinter ihnen kommen der Brautführer, der Bräutigam
und die übrigen Gäste. Den Zug schließt ein mit grünen Zweigen geschmückter Wagen,
darauf sitzen vorne die Hochzeitsbitter, in der Mitte die Frau des Beistandes mit den
Kranzeljungsern, hinten aber die Zigeuner. Der Wagen wird von 8 — 10 Ochsen gezogen,
von deren Hörnern bunte Tücher flattern nnd die von 4 — 6 Knechten gelenkt werden.
Der Zug hält vor dem Thore der Braut, die sich ihm nun sammt ihren Angehörigen anschließt.
Unter mancherlei Ceremonien wird die Braut herausgerufen, vorgestellt und dem
Bräntigam übergeben. Dann geht es zur Kirche. Während der Trauung tanzen die Bursche
und Mädchen vor der Kirche. Sie erwarten das herauskommende Paar mit Töpfen voll
Wasser, in welche Geld geworfen wird. Von der Kirche geht Alles nach dem Hause der
Braut und setzt sich zu Tische. Das Brautpaar sitzt obenan. Der Haushofmeister des
Bräutigams sagt allerlei Dankformeln her und fordert die Hochzeitsgesellschaft auf, das
Vaterunser zu bete«. Dann stellen die Geladenen und Verwandten die Geschenke auf den
Tisch, der Haushofmeister des Bräutigams ruft jede Spende nebst dem Namen des
Spenders aus, und der Haushofmeister der Braut sagt jedesmal Dank. Nach dem Mahl wird
getanzt. Nach dem Tanze führen die gleichalterigen Mädchen die Braut in die Kammer,
setzen sie auf einen Stuhl und beginnen stehend ein Klagelied zu singen, das ihren Abschied
von den Blumen und Freundinnen zum Ausdruck bringt. Die Fran des Beistandes geht
in die Kammer, beschenkt die Mädchen mit Geld, was als Lösegeld für die Braut gilt, die
sie nun in das Zimmer führt, wo der Haushofmeister des Bräutigams das Zeichen zum
Aufbruch gibt. Das Mitgebrachte wird auf einen Wagen geladen und man fährt zu den
Eltern der Braut. Der scheidenden Braut bietet noch ihr Vater ein Glas Wein an, sie
trinkt dem Bräutigam zu und leert es bis auf den Grund; die darin befindliche Silber-
münze behält sie im Munde, bis sie das Thor durchschritten hat. Dann küßt die Braut
ihren Eltern die Hand und nach verschiedenen weiteren Ceremonien setzt sich der Zug in
Bewegung. Unterwegs ist viel Schießen, Jauchzen und Singen. Die Mutter des Bräuti-
gams, die „große Schwiegermutter", erwartet die Braut auf der Schwelle des Hauses.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (7), Volume 23
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (7)
- Volume
- 23
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1902
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.13 x 23.25 cm
- Pages
- 622
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch