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die Einsiedler in verschiedenen Handwerken, in der Baukunst, ja im Kunstgewerbe bewandert
waren; um solche Bauten zu errichten, mußten sie diese Fertigkeiten mitgebracht haben.
Fast alle Kirchen besitzen Kelche, Kannen, Ciborien und andere kirchliche Gefäße, die zum
Theil noch aus der Zeit vor der Reformation stammten und in den Werkstätten der Gold-
schmiede zu Hermannstadt, Kronstadt, Schäßbnrg und Bistritz verfertigt sind. Diese
Hunderte von Arbeiten haben einen hohen Kunstwerth; sie sind in unglaublicher Mannig-
faltigkeit fein gravirt, eifelirt, mit Drahtemail und Thier- und Menschenfiguren verziert,
und dazu kommt noch die Unmenge der profanen Gefäße, der Trinkbecher und Kannen,
die einst in jedem vornehmen Hause die festliche Tafel schmückten, und der endlose Golv-
nnd Silberschmuck, besonders der weiblichen Galatracht. Und wo bleiben noch die Tausende
von Kelchen, Trinkbechern, Waschbecken und Kannen, welche die Städte den Königen und
Fürsten bei ihren Besuchen darbrachten oder den benachbarten Wojwoden und Paschas als
Geschenke sandten, um ihr Wohlwollen zu gewinnen. Bis zum Ende des XVIII. Jahr-
hunderts, als die alte sächsische Tracht in den Städten nach nnd nach zu verschwinden
begann, war die Goldschmiedekunst auf dem Königsboden von allen Gewerbszweigen viel-
leicht am meisten entwickelt. Martin Grytten am Ende des XV., Sebastian Hann und
Michael Tym zu Ende des XVII. Jahrhunderts, sämmtlich in Hermannstadt, sind unter
den bisher bekannten besten Meistern die berühmtesten.
Edlere Steinmetzarbeit kommt auch in manchem vornehmen Bürgerhause vor, auch
fehlte es nicht an Werken der Wandmalerei und Holzschnitzerei: dennoch wandten sich diese
Künste, dem religiösen Geiste der Zeit entsprechend, vornehmlich den Kirchen zu. In gar
vielen derselben finden sich Flügelaltäre mit Gemälden, die nach Charakteristik, Zeichnung
und Farbe über bloße Handwerkerarbeit hinausgehen. In einzelnen Kirchen kommen auch
Wandgemälde vor. In der Kirche von Groß-Alisch sind von Mannshöhe aufwärts alle
Wände mit Scenen aus der Bibel und Heiligengeschichte bedeckt. In der Kirche zu Malm-
krog sind das Gewölbe und die Wände des Chors mit solchen Gemälden geschmückt, in denen
einzelne Figuren die Tracht des XV. Jahrhunderts tragen. Das bedeutendste ist das vom
Meister Johann Rosenauer 1445 gemalte in der evangelischen Pfarrkirche zu Hermann-
stadt. In weit größerer Zahl haben sich alte sächsische Holzschnitzereien erhalten. In der
Pfarrkirche zu Bistritz, der Bergkirche zu Schäßburg, in den Kirchen vom Tartlau im
Burzenland, von Wurmloch, Bogeschdorf, Hätzeldorf u. f. f. ist das alte reiche Chorgestühl
mit bewunderungswürdiger Geschicklichkeit in Lindenholz geschnitzt. Der Schäßbnrger
Tischler Johann Reychmnth schuf im ersten Viertel des XVI. Jahrhunderts Meister-
werke dieses Genres in den Kirchen von Bogeschdorf und Schäßburg. In der Hätzeldorfer
Kirche sind die rostzerfressenen Thürbänder Prachtstücke alter Schlosserkunst. Werke des
Erzgusses haben sich sehr zahlreich erhalten; alte Glocken und Taufbrunnen, deren viele ins
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (7), Volume 23
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (7)
- Volume
- 23
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1902
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.13 x 23.25 cm
- Pages
- 622
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch