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XV. Jahrhundert zurückreichen und mit ihren aus mannigfachen Thier- und Pflanzenformen
combinirten Ornamenten nnd den Inschriften in Mönchsmajuskel und -Minuskel einen
eigenen Charakter haben. Dann kommen noch die Denkmäler der Scnlptur. Die schönsten
sind die Sacramentshäuschen, aber auch in den Grabmälern hat sich eine besondere Gattung
der Scnlptur in den alten Sachsenstädten zahlreich erhalten. Die westliche Halle der
Hermannstädter evangelischen Pfarrkirche enthält eine ganze Sammlung von Grabmälern.
Die mit Reliefs und Inschriften bedeckten Grabsteine sind aufrecht in die Kirchenmauern
eingekittet, sie bilden ringsum ganze Porträtgalerien alter Sachsengrafen, Bürgermeister
und anderer Notabilitäten. In der Kirche zu Birthälm sieht man die Grabmäler der alten
sächsischen Bischöfe. In Kronstadt sind die der alten Königsrichter und Geistlichen in die
Kirchenmauern eingefügt.
Die alten Zünfte. — Die Grundlage, auf der die alte sächsische Industrie
erblühte, war das Zunftsystem. Schon im Jahre 1375 gab die zu Hermannstadt abgehaltene
Hauptversammlung der Sachsen eine verbesserte Zunftordnung für die Städte Hermann-
stadt, Schäßbnrg, Broos und Mühlbach heraus; ein Beweis, daß die Zünfte und nach
ihnen die Industrie zu dieser Zeit auf dem Königsboden schon längst eingewurzelt waren.
Die alten Zunftregeln enthielten Verfügungen, die sowohl für die gewerblichen Produkte,
als auch für die Rechte und Pflichten der Gewerbsleute, sowie für deren häusliches uud
sittliches Leben sehr zweckmäßig waren. Die Zünfte waren nicht nur von gewerblicher,
sondern auch von politischer Wichtigkeit. Ihr Wort fiel bei der ganzen Leitung der städtischen
Angelegenheiten stark ins Gewicht, auch waren sie es, die der Stadt ihre Wehrmacht
stellten. In Kronstadt und den übrigen Städten heißen die erhaltenen alten Basteien und
Courtinen noch jetzt nach den Zünften, die sie zu vertheidigen hatten.
Landesvertheidigung. — In ihre Zünfte eingereiht, erfüllte die sächsische
Bürgerschaft auch ihre Wehrpflicht mit Eifer. Von ihren Thaten bei der Vertheidigung
Siebenbürgens gegen die Türken erzählt die Geschichte. Die Wacht- und Schutzthürme,
welche die Ansiedler als erste Schutzwehr errichtet hatten, wurden bald zu festen Schlössern
und Kirchencastellen ausgestaltet, und diese letzteren selbst entwickelten sich in den günstig
gelegenen und stark bevölkerten Ortschaften zu umfangreichen, wohlbefestigten Burgen.
Hermannstadt, Kronstadt, Schäßburg, die Burgen zu Roseuau, Reps, Törzburg uud noch
andere erwiesen sich als mächtige Schutzwehren nicht nur gegen walachische und moldauische
Wojwodeu, sondern auch gegen die Türken, die sie wiederholt vergeblich belagert haben. Der
Gebrauch der Feuerwaffen ist hier sehr alt. Die Zeughäuser vou Kronstadt nnd Hermann-
stadt waren mit den besten Waffen und mit allem Kriegsmaterial gefüllt, sogar Kanonen
wurden gegossen. Mitte des XVI. Jahrhunderts hatten Hermannstadt und Kronstadt jedes
seine fünfzig Geschütze auf den Wällen.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (7), Volume 23
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (7)
- Volume
- 23
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1902
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.13 x 23.25 cm
- Pages
- 622
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch