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Strohhut, Zipfelmütze, Pantalons trägt der sächsische Bauer nie, sie sind ihm Gegenstände
der Verachtung. Die weibliche Tracht ist weit reicher. Ihre Hauptbestandtheile sind:
Das buntgestickte weichlederne Leibchen, der weiße oder dunkle, schlicht herabfallende
„Kittel" (Rock), die durchsichtig feine weiße Schürze, der „Krausemantel" und der
Kopfschleier. Der Krausemantel ist ein ebenso uraltes Trachtstück, wie der winterliche
„Kürschen" (Pelz); beide lassen die Arme frei und decken nur Schultern und Rücken, bis
gegen die Wade hinab. Der Krausemantel ist von schwarzem, in dichte feine Fältchen
gepreßten Wollstoff gemacht und innen und am schmalen, steifen Kragen mit rothem Filz
oder Sammt gefüttert. Der Kopfschleier ist von weißem Musselin und bedeckt den Kopf
bei älteren Frauen ohne alle weitere Zier oder herabfallende Enden, während er bei
jüngeren an den Schläfen mit den von bunten Steinen blitzenden „Bockelnadeln" fest-
gesteckt ist und besonders bei feierlichen Gelegenheiten bis auf die Hüfte niederwallt.
Außer den Bockelnadeln wird noch anderer Schmuck getragen, nämlich die erwähnten
Hefteln und der Gürtel. Dieser ist ein blaues oder rothes, mit erhabenen Schuppen von
vergoldetem Silber besetztes Sammtband. Statt des Kopfschleiers setzen die consirmirteu
Mädchen zum Kirchgang den „Bnorten" auf. Es ist dies ein krämpenloser, oben offener
Cylinder aus schwarzem Sammt, der rückwärts mittelst der Bockelnadel ans Haar festgesteckt
wird und vom Nacken farbige Seidenbänder über den Krausemantel bis an die Hacken
herabfallen läßt. Der Bnorten (eine deutsche Form für das ungarische pürta) ist das
Symbol des heiratsfähigen Mädchens. Am Confirmationstage erscheint die Jungfrau
zum erstenmale mit dieser Kopfzier, dem Gürtel und dem Krausemantel, wie die jungen
Bursche im Kirchenpelz oder dem blauen Rock mit rothen Aufschlägen. An den ledernen
Leibchen der Frauen weist die Seidenstickerei oft die feinsten Muster und Farben-
mischungen auf. Die frühere städtische Tracht der Männer und Frauen war allerdings
an Stoffen, Formen und Farben reicher, feiner und prächtiger. Es ist bezeichnend, daß
vom Frühling bis zum Herbst keine Frau und kein Mädchen zur Kirche geht, ohne einen
im eigenen Garten gepflückten, oft wirklich prächtigen Blumenstrauß in der Hand.
Nahrung. — Der sächsische Bauer ißt verhältnismäßig wenig Rindfleisch, aber
desto mehr geräuchertes Schweinefleisch und besonders Speck. Seine Speisekarte bietet
wenig Abwechslung. Wenn sie aber auch nicht so reich und nahrhaft ist, wie die des
ungarischen Alföldbauern oder des Banater Schwaben, hat er doch im allgemeinen eine
recht gute und ausgiebige Nahrung. Im Sommer ißt er dreimal täglich, im Winter nur
zweimal und am Abend am reichlichsten. Nach dem Aufstehen trinkt er ein Gläschen
Schnaps und ißt ein Stück Brot dazu. Die Frauen und Kinder begnügen sich mit etwas
Milch, Einbrenn- oder Krantsuppe. Bei den Wohlhabenderen wird durchwegs gefrüh-
stückt. Das Frühstück besteht gewöhnlich aus Hirsebrei mit Schmalz oder Maisbrei mit
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (7), Volume 23
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (7)
- Volume
- 23
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1902
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.13 x 23.25 cm
- Pages
- 622
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch