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bestehenden Vorschußvereine gehören meist dein sogenannten Raisseiseu'scheu System an.
Die Zahl der Geldinstitute im Comitate ist 42. Sie widmen einen großen Theil des
Reingewinnes zu Zwecken der Schule, Kirche und kultureller oder wohlthätiger Anstalten.
Die relative Mehrzahl der Bevölkerung ist sächsischer Nationalität; ihr zunächst an
Zahl stehen die Rumänen, dann folgen die Magyaren. Seßhafte Zigeuner gibt es wohl iu
keinem siebenbürgischen Comitate so viele wie in diesem. In manchen Orten bilden sie
15 Procent der Bevölkerung; da aber die Muttersprache der meisten die rumänische ist
(sogenannte „walachische Zigeuner"), wurden sie bei der Volkszählung den Rumänen
zugezählt. Fast in keiner größeren Ortschaft sehlt eine Vorstadt „Ziganie", wo ihre kleinen
Hänschen meist auf städtischen Gründen beisammen stehen. Kaum ein Proeent nennt Haus
und Hof sein eigen, und das ist wohl der Grund, warum sie sich nicht der Landwirthschaft
widmen, sondern als Taglöhner, Schuhslicker, besonders aber als Schmiede, Ziegelstreicher
und Musikanten für Sonn- und Feiertage ihr Brod erwerben. Die Zahl der seßhaften
Zigeuner, also ohne die Wanderzigeuner, beläuft sich auf etwa 18.000.
Die Magyaren wohnen am zahlreichsten im östlichen Theile des Comitats, in deu
Ortschaften am Alifluffe, und zwar in einigen, wie Ürmös, Datk, Alfö-Räkos, Heviz,
Köbor und Halmagy nnvermifcht mit anderen Nationalitäten. Das ist in diesem
Comitate eine Seltenheit, da es unter 125 Gemeinden und Städten kaum 10—12 nur
von einem Volksstamm bewohnte gibt, die übrigen alle aber von zweien oder dreien
bewohnt sind. Die Magyaren uud Rumäne» bilden die Mehrheit in den Ortschaften, die
zum einstigen Ober-Albenser Comitat gehört haben. Diese Rumänen sind von denen des
einstigen Königsbodens trotz der Gemeinsamkeit in Sitten, Lebensweise, Sprache und
Rasse einigermaßen verschieden. Die Rumänen des Comitatsgebiets waren bis 1848
Hörige, und die Nachwirkung dieses Verhältnisses sah man ihnen noch längere Zeit an. Die
Rumänen des Königsbodens dagegen waren, obgleich sie kein Bürgerrecht besaßen, doch
keine Leibeigenen, ja sie konnten seit 1791 sogar Grundbesitz erwerben. Die Rumänen
stehen in der Landwirthschaft hinter den Sachsen und Magyaren zurück, aber auch unter
ihnen nimmt die Zahl der tüchtigen Bauernwirthe immer zu. Die Sachsen behaupten in
diesem Comitate, durch ihre relative Mehrheit, Wohlhabenheit und Cultur, eine hervor-
ragende Rolle auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens.
Der Comitatssitz istSchäßburg (Segesvar), eine Stadt mit geordnetem Magistrat,
in so herrlicher Lage, wie sie kaum einer anderen Stadt Siebenbürgens zu Theil geworden.
Wenn man die Station Dunesdorf (Danos) der Eisenbahnlinie Budapest—Kronstadt
—Predeal hinter sich gelassen hat, wird das von Waldgebirg umsäumte Kokelthal immer
reizender. Östlich von Dunesdorf überschreitet die Bahn wiederholt die launenhaften
Krümmungen des Flusses, und wenn sie dann mit einer Schwenkung nach Nordost auf
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (7), Volume 23
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (7)
- Volume
- 23
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1902
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.13 x 23.25 cm
- Pages
- 622
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch