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im Laufe der historischen Wechselfälle von Karlsburg hieher verlegt wurde. Zur Besetzung
der Lehrstühle dieser Hochschule berief der Fürst Anfangs außer den bedeutendsten sieben-
bnrgischen Gelehrten auch berühmte Professoren aus Herborn und Heidelberg, so den
Dichter Martin Opitz und die Gelehrten Bisterfeld und Alstedt, denen er Gehalte von
1000 Jmperialthalern (nach jetzigem Werthe mindestens 20.000 Kronen) aussetzte. In
den letzten Jahren seiner Regierung sorgte er auch für den Fortbestand des Colleginms,
indem er ihm außer uamhafteu Geldspenden die damals auf 90.000 Gulden geschätzten
„sieben Weingärten" zu Tokaj, die Euyeder Herrschaft uebst deu zugehörigen Güter-
parcellen und mehreren tausend Joch Wald und überdies die „Taxe" der Debrecziner
hinterließ. Ferner machte er eine Stiftung zu Gunsten von 40 Alumnen, denen unent-
geltlicher Unterricht nebst Verpflegung gewährt sein sollte. Hier wirkte der kühne Neuerer
Johann Cseri von Apaeza, der es zuerst unternahm, verschiedene Wissenschaften,
statt im damals gebräuchlichen Latein, in ungarischer Sprache vorzutragen. Als dann
die türkisch-tatarischen Schaaren einbrachen, um Franz Raköczy II. abzusetzen, ver-
brannten und zerstörten sie auch das Karlsburger Colleginm. Es wurde 1662 durch den
Fürsten Apaffy I. nach Enyed versetzt, da die Karlsburger Baulichkeiten der Schule
zerstört waren, und der Fürst dachte, die Anstalt werde ihre Thätigkeit am ehesten in
Enyed wieder aufnehmen können, inmitten seiner eigenen Herrschaften, wo die Gebäude
des Schlosses und Colleginms unversehrt waren. Hier lehrte auch Frauz Päriz-Papai
(1660 bis 1716), dessen lateinisch-ungarisches und ungarisch-lateinisches Wörterbuch noch
heute seinen Werth hat und der dem Fürsten Apassy wiederholt als Gesandter an
auswärtigen Höfen diente. Als Tieges Schaaren auch dieses Collegium zerstört hatten,
war es Päriz-Päpai, der die Theilnahme der englischen Protestanten in so hohem Maße
zn erwecken wußte, daß sie in kurzer Zeit 11.000 Psuud Sterling zur Wiederherstellung
des Enyeder Colleginms aufbrachten. Diese Summe und die Spenden eifriger
Patrioten — denn auch die durch Bethleu und Apaffy gewidmeten Güter nnd Einkünfte
waren seither znm Theil eingebüßt — ermöglichten es der Anstalt, sich neu zu
gestalten und zu entwickeln und in voller Blüthe auch weiter ihren nationalen und
kulturellen Beruf zu erfüllen. Das Collegium umfaßte bis in die neueste Zeit
ein Ober-Gymnasinm, eine theologische Akademie (jetzt in Klausenburg) und eine
Lehrerbildungsanstalt. Unter seinen Sammlungen sind die Bibliothek und Alterthümer-
sammlung besonders hervorzuheben. Zwischen Lehrern und Schülern, Anstalt und Stadt
entwickelte sich hier ein reges Band; in bewegten Zeiten erhoben sich die Studenten
zum Schutze der Stadt, der Bürger, des Collegiums, und wenn die Bedrängniß zu arg
wurde, zogen sie hinaus ins Gebirge und die Vorlesungen wurden im Waldversteck ge-
halten. Und wenn, wie in den Jahren 1848/49, ein Sturm kam, der das ganze Land
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (7), Volume 23
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (7)
- Volume
- 23
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1902
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.13 x 23.25 cm
- Pages
- 622
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch