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erschütterte, Professoren und Studenten auf das Schlachtfeld rief und schließlich auch
dieses Nest wieder zerstörte, so kehrten, nachdem der Sturm ausgetobt, die wenigen
überlebenden Professoren zurück und begannen das zerstörte Heim der Bildung
wieder aufzubauen. Sie wohnten in Ruinen, sie lehrten in Zimmern ohne Fenster und
Thüren, aber das Nest bevölkerte sich wieder, und heute wiederhallen die Mauern der
unlängst stattlich erneuerten Hochschule neuerdings von dem fröhlichen Treiben und den
ungarischen Liedern vieler Hunderte von Studenten, während nebenan die eigenen Häuser
des Collegiums, in denen die Professoren wohnen, sich zu einer ganzen Straßenzeile
vermehrt haben. Erwähnenswerth sind schließlich in Nagy Enyed das neue Comitatshaus
und das staatliche Strafhaus für Frauen.
Unterhalb von Nagy-Enyed erweitert sich das Marosthal, prächtige Weizen- und
Maisfelder bedecken die sanfte Hochebene uud die niederen Lagen; stufenweise hinter
einander aufragende Bergzüge gewähren Einblicke in das Orböer und Diöder Thal, wo
einst die Burg der Balafsa staud. Die Orböer Kirche steht als Ruine da und berichtet von
feindlichen Verheerungszügen. Um diesen auszuweichen, verlegte sich auch der Ort Orbö,
wie so viele andere in Siebenbürgen, aus dem als allgemeine Heerstraße dienenden
Marosthale höher hinauf, zwischen die Vorhügel der westlichen Bergkette, wo er den
durchmarschirenden Heervölkern nicht so im Wege steht.
Höher hin entfaltet sich dem Auge die volle Großartigkeit der westlichen Alpen,
die das rechte Marosnfer begleiten, eine Berggruppe von gewaltiger Masse, mit über-
einander gethürmten Kuppen und schroffen Kalkfelsen. In dieser Welt der Felsgebirge hat
jede Dorfbevölkerung ihren eigenen Berg, der als Wetterprophet dient, und je nachdem
der Berg „seine Pfeife raucht", richtet sich der Bauer mit seinem Heu. Bei klarem Himmel
jedoch, wenn auch die Gipfel in Sonnenschein gebadet stehen, ist der Anblick überaus
schön. Man schaut bis zu den Tordaer und Aranyoser Bergen hinein, man sieht die
Tordaer Spalte, den Kököze, den Csetätye mit seinem nnersteiglichen thurmartigen
Felsen, dann die kahle Pyramide des Pi l is , von dessen 1250 Meter hohem Gipfel der
Blick halb Siebenbürgen beherrscht: das Marosthal bis Maros-Väsärhely, das Toroczköer
Thal und ringsum die Karpathenkette vom Retyezät bis zu den Fogaraser Alpen, dann
die Umrisse der Hargita und der Rodnaer Alpen. Den westlichen Alpen schließen sich die
überraschenden Felsgruppen des Tarkö an, und in den Schluchten dieser Felsgebirge
die Remeteer Klamm und die Kigyöpatak-Klamm, wo das Edelweiß zu Hause
ist, und 300 Meter hohe Felswände jedem Sonnenstrahl wehren; dann die burgartige
Felsmasse des Csäklyakö, aus drei getrennten Riesensäulen bestehend, auf denen ur-
zeitliche Funde gemacht wurden; und in seiner Nachbarschaft der Gälder Felsen, an
dessen Fuße die herrliche Galder Felsenklamm den malerischen Reiz ihrer Kalkklippen,
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (7), Volume 23
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (7)
- Volume
- 23
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1902
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.13 x 23.25 cm
- Pages
- 622
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch