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Als Maria Theresia vernahm, daß auch andere Serben den Ausgewanderten zu
folgen beabsichtigten, legte sie dem Erzbischof Nenadovie ans Herz, die ferneren massen-
haften Auswanderungen der Serben hintanzuhalten. Zugleich wurde mittelst Patentes
vom 23. October 1741 die Wahrung der Ansprüche der Serben zugesichert.
Der zur Regelung der staatsrechtlichen Verhältnisse der Serben am 7. September
1790 nach Temesvär einberufene Nationalcongreß befaßte sich nicht so sehr mit Cultus-
angelegenheiten, als mit rein politischen Fragen, und es lag in der Absicht, die Serben
zu beruhigen, darum wurde dieser Congreß in einer Allerhöchsten Entschließung geradezu
der „illyrische Landtag" genannt.
Eine der wichtigsten Forderungen der Serben auf diesem Congreß war dahin ge-
richtet, daß ihnen ein bestimmtes Gebiet zur Formirung einer von Ungarn unabhängigen
Provinz leiner serbischen Wojwodschast) eingeräumt werde.
Sava Tököly, der gefeierte serbische Patriot und größte Wohlthäter seines Volkes,
hielt aber eine eindringliche Rede gegen diese Forderung und bezeichnete die Idee der
Ausschaltung des Temeser Banates, als eines den Serben eigenen besonderen
Gebietes, als eine Schwärmerei, welche mit den Reichsgesetzen in keinen Einklang zu
bringen sei. Ungarn werde nie zugeben, daß die Serben einen Staat im Staate bilden.
Tököly bekämpfte die Forderung eines besonderen serbischen Territoriums, weil
gegen ein solches der Widerstand der politischen Kreise Ungarns voraussichtlich noch größer
werden mußte. Die Stellungnahme der ungarischen Stände gegenüber dieser Forderung
der Serben erwies, daß Tököly Recht hatte.
Der ungarische Landtag schuf nämlich, um der bisherigen Sonderstellung der Serben
ein Ende zn machen, den Gesetzartikel XXVII von 1791 (sanctionirt am 12. März 1791),
wodurch den griechisch-nichtnnirten Glaubensgenossen das Bürgerrecht (^us civitatis) in
Ungarn ertheilt, und gleich den übrigen Landesbewohnern die Fähigkeit zur Erwerbung
und znm Besitze von Gütern, sowie zur Bekleidung aller Amtsstellen in Ungarn und annec-
tirten Ländern, unter Aufhebung aller dem entgegenstehenden Gesetze, eingeräumt wurde,
„vorbehaltlich der Rechte Seiner königlichen Majestät über die Angelegenheiten des Clerns,
der Kirche, der Religion, deren vollkommen freie Ausübung ihnen gestattet wird, der
Fundationen, der Lehrgegenstände und Erziehung der Jugend, nicht minder ihrer Privi-
legien, welche der Reichsverfassung (turulameiitgli reZm Constitution!) nicht wider-
streiten, so wie Seine Majestät diese Rechte von Allerhöchsten glorreichen Vorfahren über-
nommen haben."
Dies ist der Wortlaut des Gesetzes, durch welches nun der Ausnahmezustand der
Serben aufgehoben war, und sie den übrigen Landesbewohnern in allen bürgerlichen
Rechten gesetzlich gleichgestellt wurden.
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Kroatien und Slawonien, Volume 24
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Kroatien und Slawonien
- Volume
- 24
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1902
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.19 x 22.65 cm
- Pages
- 630
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch