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Im Großen und Ganzen hat diese sogenannte Hansindnstrie allen poetischen Reiz
eines homerischen Zustandes, sie ist aber auch ein negativer Werthmesser für das Stadium
von Fortschritt, in dem sich ein Volk auf dem Weg zu den Höhen der Civilisation befindet,
so daß wir für das künstlerische Bedauern über den Verlust derselben reichlichen Ersatz in
dem Bewußtsein finden, daß sich unser Volk aus dem primitiven Stadium der uugetheilteu
Arbeit zu der vollkommeneren Form der getheilten Arbeit schon sichtlich zu erheben
beginnt.
Volksmusik.
Über die Musik des kroatischen Volkes haben wir aus ältester Zeit nur wenige
Nachrichten. So erzählt die Geschichte, daß am Hofe Attilas, als er im Jahre 447 Jllyrien
verwüstete, slavische Sänger Lieder sangen. Eine andere Notiz des byzantinischen Schrift-
stellers Theophylakt besagt, daß um das Jahr 591 drei Slaven, die als Abgesandte zu
dem Avaren-Chan wanderten, von den Griechen gefangen und vor Kaiser Manrikios
gebracht wurden, wo sie aussagten, daß sie nicht mit den Waffen, wohl aber mit der
Kithara umzugehen wüßten, da ihre Hauptbeschäftigung Musik und Gesang sei, und daß
sie sonst ein stilles und friedliches Leben führten.
Um diese Zeit erfolgte zwar noch nicht die Masseneinwanderung der Croaten in
ihr heutiges Vaterland, doch ist geschichtlich erwiesen, daß sie sich in kleineren Partien
schon während des IV. und V. Jahrhunderts in Pannonien und Jllyrien ansiedelten.
Aus jener Zeit, als die große Einwanderung der Croaten stattfand, nämlich um
das Jahr 630, weiß man von ihrer Musikübung nur, daß der Gesang bei ihrem
heidnischen Cult ein Hauptbestandtheil war, ja daß ihre Gebete überhaupt nur aus
Liedern bestanden, die der Älteste der Gemeinde oder der Familie bei religiösen Ceremonien
anstimmte.
Von den heutigen rituellen Volksliedern der Croaten stammen viele ohne Zweifel
aus der Heidenzeit, da sie auf frühe religiöse Gebräuche und Feierlichkeiten hinweisen. Im
Laufe der Zeit wurden zwar die meisten dieser heidnischen Gesänge christianisirt, indem
man statt der Namen heidnischer Gottheiten solche von christlichen Heiligen setzte; allein
trotz dieser Umgestaltung bleibt ihr heidnischer Ursprung erkennbar, wie dies das weiterhin
folgende Erntelied zeigt.
Wenn nun auch das eroatifche Volk seine alten Lieder der Sprache, den Personen-
nnd Ortsnamen nach umarbeitet, läßt sie doch die Melodie, ist diese einmal festgestellt
und gehört sie rituellen Liedern an, unberührt. Uns ist zwar keines der ältesten Lieder
schriftlich aufbewahrt, wir können sie also nicht mit den im Volke lebenden Liedern
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Kroatien und Slawonien, Volume 24
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Kroatien und Slawonien
- Volume
- 24
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1902
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.19 x 22.65 cm
- Pages
- 630
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch