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Durch die wirksame Durchführung des Lehrlingsunterrichtes sind die sogenannten
Bürgerschulen, die ihrem Zweck nicht entsprechen, überflüssig geworden. Diese wurden
seinerzeit namentlich in der gewesenen Militärgrenze eingeführt, um dem Bürgerstande
die nothwendige allgemeine Bildung zuzuführen. Allein wer diese achtelassige Schule
durchgemacht hatte und sich dann dem Handelsstand oder Handwerk widmen wollte,
konnte nicht mehr als Lehrjunge eintreten, weil er dazu schon zu alt war. Daher
entwickelten sich diese Anstalten von selbst zu reinen Vorbereitungsschulen für die
Lehrerpräparandien und Militärcadettenschulen. Die Eignung zu letzterem Zweck verloren
sie, als an ihnen die croatische Unterrichtssprache für alle Gegenstände eingeführt
wurde. Damit sank auch die Frequenz der beiden letzten Classen so tief, daß oft nur ein
Schüler in einer Classe saß. Nun wurde der Versuch gemacht, den beiden letzten Classen
eine bestimmte fachliche Richtung zu geben, um die Schüler für den landwirthfchaftlichen
oder gewerblichen Unterricht vorzubereiten; da aber der theoretische Unterricht überwiegend
blieb und diese Lehranstalten an die bestehenden Fachschulen mangels wirksamen
Fachunterrichtes nicht in der Weise angegliedert werden konnten, daß ihre Freqneutirung
an den Fachschulen eingerechnet worden wäre, so konnte auch diese Reform die
Bürgerschulen nicht lebensfähig machen.
Wo neue Anstalten verlangt oder, wie in Vukovar, auf Kosten der Gemeinde
errichtet wurden, da wollte man von den Bürgerschulen nichts hören, sondern nur von
einer Unterabtheilung der Mittelschule; wo sie bestanden, petitionirte man um ihre
Verwandlung in Mittelschulen.
Als demnach das croatische Realgymnasium als Vorläufer der einheitlichen Mittel-
schule orgauisirt wurde, ergab sich von selbst, daß die Bürgerschule mit dem Real-
gymnasium in organische Verbindung zu bringen sei. Es wurden demnach, wie erwähnt,
überall, wo eine größere Frequenz zu erwarten war, statt der Bürgerschule vierclassige
Unterrealgymnasien, sonst aber nur die beiden ersten Classen des Realgymnasiums
eingeführt. In der gewesenen Militärgrenze hatten schon früher einmal solche mit der
Volksschule verbundene, unselbständige, zweiclassige Realschulen bestanden.
Diese sachliche Reform mußte aus finanziellen Gründen vorläufig mit den für
die höheren Volksschulen approbirteu Lehrkräften durchgeführt werden, und demgemäß
behielten diese Anstalten die Bezeichnung „höhere Volksschule", die im croatischen Volks-
schulgesetz statt der Bezeichnung „Bürgerschule" angenommen worden war.
Solcher zwei- und vierclassiger Realgymnasien, die an Stelle der Bürgerschulen
traten, gibt es achtzehn. Der größte Theil des Schulwesens wird von der Regierungs-
abtheilung für Cultus und Unterricht geleitet, ein Theil der Fachschulen aber von der
Regierungsabtheilung für innere Angelegenheiten.
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Kroatien und Slawonien, Volume 24
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Kroatien und Slawonien
- Volume
- 24
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1902
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.19 x 22.65 cm
- Pages
- 630
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch