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reichgekleideter Mädchen, wenn sie stolz im Schmucke der nationalen Tracht dahinschreiten,
daß die Goldketten — Djerdani — im Sonnenscheine funkeln und flimmern, und wenn
sie dann zum Reigentanz, dem Kolo, antreten — so werden wir kaum glauben wollen, daß
dies die Nachkommen der wilden Grenzer Taubes sind.
Die Menschen sind in der slavonischen Senke von mittlerer Größe, aber schlanke,
biegsame und kräftige Gestalten. Die Frauen sind häufig von auffallender Schönheit und
manche würde man für eine Städterin halten, die nur zum Scherz die kleidsame Bauern-
tracht angethan. Die zarten Hände und die wohlgepflegte Haut widerlegen am deutlichsten
Taubes Angaben über die Stellung des Weibes. Manche Bäuerin Pflegt ihren Körper
sorgfältiger, als viele Bewohnerinnen großer Städte.
Den Hauptbestandtheil der Kleidung liefert bei Mann und Weib die feine heimische
Leinwand, deren zarte Durchsichtigkeit au coische Gewänder erinnert. Aber auch Sammt
uud Seide, sowie reiche Stickereien in Weiß, Gold und verschiedenen Farben finden
vielfach Verwendung; es ist eine schöne, farbenprächtige Tracht, in der die Dorfschönen
Sonntags den Kirchgang antreten.
Als Hauptschmuck gelten zu Ketten zusammengefügte Goldmünzen, die sich durch
Generationen in den Familidn vererben. Auf dem Kopfe in wohlgepflegtem Haare, um
den Hals, auf der Brust, an dem seidenen Mieder und um den Gürtel tragen die Weiber
oft ein kleines Vermögen, und je größer der Reichthum, desto größer sind die Münzen.
Wie auf die Kleider, wird auch auf das Haar eine besondere Sorgfalt gerichtet. Es
wird in kunstvoller Weise geflochten und verschlungen, und fast in jedem Dorfe gibt es eine
besonders bevorzugte Haartracht. Ein Volk aber, das auf körperliche Reinlichkeit und auf
seine Kleidung so viel Werth legt, das achtet auch auf das Innere seines Hauses.
Ein hervortretender Charakterzug ist die Liebe zu Tanz und Musik.
Der Tanz, besonders der Reigentanz, ist eine beliebte Unterhaltung, der man sich
an den Feiertagen, aber auch sonst bei jeder Gelegenheit mit Leidenschaft hingibt. Er
bildet aber nicht nur eine Art Gymnastik und gewöhnliche Belustigung, sondern erweckt
auch Dichter und Eomponisten. Die Tamburica, eine Art Guitarre, begleitet den Mann
durch das Leben und nimmt in der Musik die erste Stelle ein.
Der Quell des Gesanges sprudelt hier in üppiger Fülle, und die Lieder sind freie
Improvisationen, echte Volkslieder, die in unerschöpflicher Kraft dahinströmen, vom
Augenblicke geboren und in kurzer Zeit dem Vergessen anheimgefallen, wenn sie nicht
ein günstiger Zufall in der mündlichen oder schriftlichen Überlieferung festhält.
Der von der südslavischen Akademie herausgegebene Zbornik (Sammlung) von
Sitten und Gebräuchen des Volkes enthält gerade aus der slavonischen Senke reichen
Stoff und gewährt einen Einblick in die Seele des Volkes; man ersieht auch daraus,
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Kroatien und Slawonien, Volume 24
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Kroatien und Slawonien
- Volume
- 24
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1902
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.19 x 22.65 cm
- Pages
- 630
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch