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wachen und für den Fall dessen Rückkehr nach Rußland
sofort festnehmen lassen zu können. Hat er diese seine
„Mission" in einer Stadt erfüllt, so reiste er nach einem
anderen Zentrum, in welchem sich russische Emigranten
aufhalten, weiter und setzte sein Werk in derselben Weise,
wie oben angedeutet, gewöhnlich mit Erfolg fort. In dieser
seiner Tätigkeit wurde er von den russischen Botschafts-
und Konsulatsbeamten, russischen Geistlichen und an-
deren Personen mit Rat und Tat unterstützt. Brauchte er
Geld, so standen ihm die größten Bankhäuser, an welche
er Wechsel und Empfehlungen bei sich führte, zu Diensten.
Absteigen pflegte er in ganz untergeordneten Gasthöfen
oder in Privatwohnungen zu nehmen. Seine Agenten im
Auslande waren fast durchgehends gewesene russische
Revolutionäre, Häftlinge und Verbrecher. So waren seine
Hauptagenten für Rumänien Lew E. Golowkin und
eine Dame Liubarskaja, für die Türkei, Bulgarien
und Ost-Rumelien die gewesenen Nihilisten und Häftlinge
D. und Tsch., für Österreich-Ungarn der gewesene Nihilist
Woronowitsch alias S a w t s c h e n k o, für die
Schweiz die gewesenen Beamten der dritten Abteilung
(Geheime Kanzlei) Maltschinski, Klimoff, Besa-
r o f f usw., für Frankreich der gewesene Gesandtschafts-
beamte Z., Fürst E., Fürst L.-R., der gewesene Direktor
der dritten Abteilung Sch. u. a., für England der gewesene
Handelsmann Hein, der Beamte Stowizki und der russi-
sche Botschaftsbeamte B. B. und für Deutschland die ge-
wesenen Nihilisten R. und W. und eine Menge russischer
Polizeibeamte. Die meisten dieser Agenten sind heute noch
in den genannten Ländern tätig und behalte ich mir vor,
auf jeden einzelnen derselben zurückzukommen. Für dies-
mal mögen das Leben und die Tätigkeit einiger dieser
Agenten Sudejkins hier näher beleuchtet werden.
Der Agent oder Spion Lew F. Golowkin wurd<*iijn
Jahre 1871 in dem bekannten Prozeß Natschajeffs (vom
13. Juli bis 6. Oktober 1871), in welchem er mit ver-
wickelt war, von dem Petersburger Regierungssenat
zwar freigesprochen, jedoch von der Administrations-
behörde nach dem Gouvernement Podolien an der öster-
reichischen Grenze verbannt, wo er bis 1876 lebte. Zu
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Kronprinz Rudolf
Politische Briefe an einen Freund 1882-1889
- Title
- Kronprinz Rudolf
- Subtitle
- Politische Briefe an einen Freund 1882-1889
- Author
- Julius Szeps
- Publisher
- Rikola Verlag
- Location
- Wien - München - Leipzig
- Date
- 1922
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.6 x 19.54 cm
- Pages
- 246
- Keywords
- Habsburger, Österreich-Ungarn, Monarchie
- Categories
- Geschichte Vor 1918