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Am 3«. Juni. 95
richt in den heiligen Schriften, insbesondere in den Psalmen, leitete
ihn sorgfältig auf dem Wege des geistigen Lebens und der klösterli-
chen Uebungen. Weil Anastasius noch sehr jnng war, mußte er
verschiedene Arbeiten bald in der Küche, bald in den Gärten des
Klosters verrichten. Er that's eben so bereitwillig als pünktlich.
Voll heiliger Inbrunst war cr immer bei den gottcsdienstlichen Ue-
bungen, bei den gemeinschaftlichen Andachten und beim Psalmenge«
sänge gegenwärtig. War er allein in seiner Zelle, so lag er dem
Gebethe, der Lesung der heiligen Schrift, und anderer erbaulicher
Bücher und der heiligen Betrachtung ob. Mit großer Vorliebe las
cr die Geschichten dcr Blutzeugen des christlichen Glaubens, wodurch
das Verlangen, daß er auch der Marterkrone gcwürdiget werden
möchte, in seiner Seele sehr lebhaft wurde.
Sieben Jahre hatte Anastasius in diesem Kloster gelebt, als
ihm in einem nächtlichen Gesichte vorkam, er stehe auf einem hohen
Berge, da reiche ihm Jemand einen köstlichen Becher voll Weines,
mit den Worten: „Nimm und trink!" Er deutete dieses Gesicht
auf seinen nahen Tod, und überließ sich der Hoffnung, daß es der
Martertod seyn werde. Des Morgens entdeckte er es dem Abte,
wobei er sein heftiges Verlangen nach der Marterkrone nicht ver-
barg. Der Abt suchte dxrch sanftes und liebevolles Zureden sein
aufgeregtes Gemüth zu besänftigen. Anastasius wohnte mit den
Brüdern dem hochheiligen Opfer bei, fiel darauf in cincn tiefen
Schlummer, aus dem er bald wieder erwachte. Aber nun fühlte er
von unwiderstehlicher Begierde, die wie eine brennende Flamme sein
Herz ergriffen hatte, sich getrieben, das Kloster zu verlassen. Er
verließ dasselbe wirklich, ohne etwas anderes mit sich zu nehmen,
als das Gewand, das cr am Leibe trug. Er begab sich zuerst nach
Diospolis (Lidda), dann nach Garizim, und kam endlich nach Cä-
sarea in Palästina, wo er die ersten zwei Tage in einer Kirche der
Mutter Gottes verweilte. Als cr einige Tage nachher durch die
Stadt ging, die von den Persern besetzt war, stieß cr auf Reiter,
die ihn für einen Spion hielten, deßhalb ihn ergriffen, und zu ih-
rem Anführer Marzabanus führten, der ihn um seinen Namen und
um seine Herkunft befragte. Anastasius beantwortete diese Fragen
freimüthig, und verbarg es nicht, daß cr Christ geworden sey.
Marzabanus redete ihm zu, daß er zur Religion seiner Väter wieder
zurückkehren sollte, und verhieß ihm viel Geld, wenn er es thun,
bedrohte ihn aber mit den schwersten Martern und mit dcm Kreuzes-
tod?, wenn cr sich dessen weigern würde. Anastasius ließ sich weder
blenden durch die Verheißungen, noch schrecken durch die Drohungen.
„Ferne sey von mir," sprach er, .,daß ich verlaugne meinen Herrn
Jesum Christum." Marzabanus gerieth in Zorn, ließ den christli-
Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Volume 2
- Title
- Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
- Subtitle
- Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes
- Volume
- 2
- Author
- Anton Mätzler
- Publisher
- Landshut Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 1840
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 9.8 x 16.9 cm
- Pages
- 982
- Keywords
- Kirche, Gott, Glaube, Religion
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen