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Die Leiden des jungen Werthers
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Page - 53 - in Die Leiden des jungen Werthers

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Des Abends komm’ ich zurück zu Tische, es waren noch wenige in der Gaststube; die würfelten auf einer Ecke, hatten das Tischtuch zurückgeschlagen. Da kommt der ehrliche Adelin hinein, legt seinen Hut nieder, indem er mich ansieht, tritt zu mir und sagt leise:“du hast Verdruß gehabt?”—“Ich?” sagt’ ich.—“Der Graf hat dich aus der Gesellschaft gewiesen.”—“Hol’ sie der Teufel!” sagt’ ich, “mir war’s lieb, daß ich in die freie Luft kam.”—“Gut,” sagt’ er, “daß du’s auf die leichte Achsel nimmst. Nur verdrießt mich’s, es ist schon überall herum.”—Da fing mich das Ding erst an zu wurmen. Alle, die zu Tisch kamen und mich ansahen, dachte ich, die sehen dich darum an! Das gab böses Blut. Und da man nun heute gar, wo ich hintrete, mich bedauert, da ich höre, daß meine Neider nun triumphieren und sagen: da sähe man’s, wo es mit den Übermütigen hinausginge, die sich ihres bißchen Kopfs überhöben und glaubten, sich darum über alle Verhältnisse hinaussetzen zu dürfen, und was des Hundegeschwätzes mehr ist—da möchte man sich ein Messer ins Herz bohren; denn man rede von Selbständigkeit was man will, den will ich sehen, der dulden kann, daß Schurken über ihn reden, wenn sie einen Vorteil über ihn haben; wenn ihr Geschwätze leer ist, ach da kann man sie leicht lassen. Am 16. März Es hetzt mich alles. Heut’ treff’ ich die Fräulein B… in der Allee, ich konnte mich nicht enthalten, sie anzureden und ihr, sobald wir etwas entfernt von der Gesellschaft waren, meine Empfindlichkeit über ihr neuliches Betragen zu zeigen.—“O Werther,” sagte sie mit einem innigen Tone, “konnten Sie meine Verwirrung so auslegen, da Sie mein Herz kennen? Was ich gelitten habe um Ihretwillen, von dem Augenblicke an, da ich in den Saal trat! Ich sah alles voraus, hundertmal saß mir’s auf der Zunge, es Ihnen zu sagen. Ich wußte, daß die von S… und T… mit ihren Männern eher aufbrechen würden, als in Ihrer Gesellschaft zu bleiben; ich wußte, daß der Graf es mit ihnen nicht verderben darf,—und jetzt der Lärm!”—“wie, Fräulein?” sagt’ ich und verbarg meinen Schrecken; denn alles, was Adelin mir ehegestern gesagt hatte, lief mir wie siedend Wasser durch die Adern in diesem Augenblicke.—“Was hat mich es schon gekostet!” sagte das süße Geschöpf, indem ihr die Tränen in den Augen standen. —Ich war nicht Herr mehr von mir selbst, war im Begriffe, mich ihr zu Füßen zu werfen. —“Erklären Sie sich!” rief ich.—Die Tränen liefen ihr die Wangen herunter. Ich war außer mir. Sie trocknete sie ab, ohne sie verbergen zu wollen. —“Meine Tante kennen Sie,” fing sie an, “sie war gegenwärtig und hat—o, mit was für Augen hat sie das angesehen! Werther, ich habe gestern nacht ausgestanden und heute früh eine Predigt über meinen Umgang mit Ihnen, 53
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Die Leiden des jungen Werthers
Title
Die Leiden des jungen Werthers
Author
Johann Wolfgang von Goethe
Date
1774
Language
German
License
PD
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
95
Categories
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