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det interkulturelles Lernen der Jugendlichen untereinander (da ja auch die Ge-
flüchteten aus unterschiedlichen Regionen und Kontexten stammen) sowie
zwischen Jugendlichen und Lehrkräften statt.
Die Perspektive, etwas lernen zu dürfen, verleiht den Jugendlichen Selbst-
wirksamkeit und Perspektive. Mögliche Begleiterscheinungen von Perspekti-
venlosigkeit, gebrochenem Selbstwertgefühl, Verwahrlosung, Unterbeschäfti-
gung werden weitgehend ausgeschlossen und weichen sichtbarer Freude am
Lernen und am Arbeiten auf Ziele hin. Möglichkeiten der Mitgestaltung, der
Partizipation und des Sich-Erprobens in kreativen Herausforderungen mini-
mieren den in der Regel defizitorientierten Blick auf Jugendliche mit migran-
tischer Herkunft (was sie alles nicht können, aufzuholen haben etc.) zugunsten
einer Wahrnehmung ihrer vielseitigen Potenziale in unterschiedlichen Fächern
und Berufsperspektiven. Dies bestätigt sich auch in Bildungs- und Berufsent-
wicklungen nach dem Besuch der Flüchtlingsklasse: beachtlich viele Jugend-
liche besuchen nach der ‚Flüchtlingsklasse‘ weiterführende Schulen bzw. fin-
den nach der Vorlehre Lehrstellen. Die Sorge um das Bleiberecht bzw. die
Angst vor Abschiebungen drückt auf die Motivation der Schülerinnen und
Schüler und belastet auch die Lehrkräfte, die dadurch Lernerfolge und Ent-
wicklungsschritte ihrer Schülerinnen und Schüler zunichtegemacht sehen.
„Wimo goes Rap – giving students a voice“: Resonanz und
Sichtbarkeit
“Wimo goes Rap” ist eine Initiative im Rahmen des partizipativen und perfor-
mativen Ansatzes des Projektes, gedacht als Ermöglichung von Erfahrungen
der Partizipation und Ermächtigung. Der Umstand, dass Flucht und Migration
ein von öffentlichen, medialen und politischen Diskursen belastetes Thema ist,
wirkt sich auch auf die Schulen aus, in denen sich geflüchtete Jugendliche be-
finden. In diesem Sinne ist die Repräsentation ein entscheidender Aspekt von
Partizipation. Besonders in von Vielfalt geprägten Räumen können performa-
tive Ansätze (neue) Formen des Ausdrucks und der Sichtbarkeit veranlassen.
In performativen Prozessen lassen sich leibliches und sprachliches Handeln
sowie Kreativität und Ausdruck verbinden (vgl. Wulf/Zirfas 2006: 291).
„Das Performative benennt das, was sich in Äußerungen und Handlungen zugleich zeigt und
verbirgt; es benennt das, was nicht reduzierbar ist auf das Allgemeine als Konstitutivum des
Besonderen noch auf das Einzelne als Ausdruck des Allgemeinen.“ (Wulf/Zirfas 2007: 9)
HipHop und Rap als Ausdrucksform bieten neben dem Sprechen auch die
Möglichkeit, emotionale Inhalte, die sonst schwer ausdrückbar sind, kundzu-
tun. bell hooks (1989) beschreibt in ihren Schriften Sprechen und besonders
die eigene Stimme zu finden als widerständigen und ermächtigenden Akt.
Menschen mit Fluchthintergrund finden sich, gesellschaftlich bedingt, oft an
Orten der Marginalisierung, an denen ihre Stimme und besonders auch die
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Lernprozesse über die Lebensspanne
Bildung erforschen, gestalten und nachhaltig fördern
Veröffentlicht mit Unterstützung der Fakultät für Kulturwissenschaften der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt
- Title
- Lernprozesse über die Lebensspanne
- Subtitle
- Bildung erforschen, gestalten und nachhaltig fördern
- Authors
- Monika Kastner
- Jasmin Donlic
- Barbara Hanfstingl
- Editor
- Elisabeth Jaksche-Hoffman
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-8474-1467-4
- Size
- 14.7 x 21.0 cm
- Pages
- 190
- Category
- Lehrbücher