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Bernhard GrĂŒmme | Religionsunterricht zwischen Macht und Bildung
monialen Strukturen und ImplikationszusammenhÀngen in ihrer Dialektik
selbstreflexiv kritisch in den Blick.
Folglich verlangt die Kategorie der âAufgeklĂ€rten HeterogenitĂ€tâ der Re-
ligionspÀdagogik die kritische Selbstreflexion inmitten ihrer kontextuel-
len Bedingungen und praktischen wie theoretischen Konturierungen ab.
Sie fragte nach den EinflĂŒssen von Macht auf das eigene unterrichtliche
Handeln. Eine solche AufgeklÀrte HeterogenitÀt basiert darauf, die Mecha-
nismen der eigenen Begriffskonstruktionen selbstreflexiv aufzuhellen, die
eben immer auch etwas mit Diskursmacht zu tun haben, und diese dann
auf die normativen Zielvorstellungen und Orientierungen durch die christ-
liche Tradition zu beziehen. Auf dem Feld des Interreligiösen Lernens, das
exemplarisch als Desiderat aufgewiesen wurde, lÀsst sich dies zeigen. Es
kann die eigenen auf HomogenitÀtsunterstellungen basierenden Praxen in
den interreligiösen Lernprozessen kritisch auf deren Exklusionen unter-
suchen. Die Frage der Methodik wie insbesondere die der Materialauswahl
gewinnt vor diesem Hintergrund eine ungeahnte Brisanz bis in Gerechtig-
keitsfragen hinein. Denn, wie bereits angedeutet, werden durch die Favo-
risierung bestimmter Unterrichtsettings doch etwa ohnehin sozial privile-
gierte Kinder noch weiter begĂŒnstigt, was wiederum den Religionsunter-
richt selber Ungerechtigkeit produzieren lĂ€sst (vgl. GrĂŒmme 2014). Durch
die kritische Insistenz auf einem emphatischen Subjektbegriff freilich wird
es zugleich auch möglich, konstruktive und intersubjektive Lernprozesse
zu initiieren, in denen die Subjekte gemeinsam und kritisch-selbstreflexiv
um die Möglichkeit und Gestalt interreligiöser Begegnungen ringen.
So wird schlieĂlich deutlich: Die AufgeklĂ€rte HeterogenitĂ€t ist hinreichend
selbstreflexiv, weil sie die immanenten Tendenzen des HeterogenitÀts-
diskurses zu Reifizierung, zu verkennender Anerkennung, zu Essentiali-
sierung und Exklusion kritisch zu reflektieren erlaubt. Dies enthebt sie
keineswegs selbst dieser Dialektik. In jeder Stunde, in jeder Planung des
Religionsunterrichts wird dies, wie verborgen auch immer, manifest. Aber
die AufgeklÀrte HeterogenitÀt befÀhigt dazu, diese Dialektik, in der sie
steht, ideologiekritisch aufzuklÀren und pÀdagogisch wie didaktisch zu
bearbei ten und dies wiederum selbst zum Lerngegenstand werden zu las-
sen (vgl. Bohl/Budde/Rieger-Ladich 2017). In diesem spezifischen Sinne
kann AufgeklÀrte HeterogenitÀt zur analytischen, didaktischen und nor-
mativen Basis kategorie von ReligionspÀdagogik in den gegenwÀrtigen
Transformationsprozessen werden â und damit zur Kategorie eines zu-
kunftsfÀhigen Religionsunterrichts inmitten der Dialektik von Macht und
Bildung.
Limina
Grazer theologische Perspektiven, Volume 1:1
- Title
- Limina
- Subtitle
- Grazer theologische Perspektiven
- Volume
- 1:1
- Editor
- Karl Franzens University Graz
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 4.0
- Size
- 21.4 x 30.1 cm
- Pages
- 236
- Categories
- Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven