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rita Perintfalvi | Widerstand gegen rechtspopulismus im namen der Zivilisation der liebe
Für einige sind die Konturen eines neuen innereuropäischen Ost-West-
Konflikts schon sichtbar. Aus westlicher Sicht halten die östlichen EU-
Staaten nicht viel von einer Politik der Vergemeinschaftung, die auf Kos-
ten ihrer Souveränität geht. Das ist aber besser nachvollziehbar, wenn man
den geschichtlichen Kontext näher betrachtet. Die ostmitteleuropäischen
Länder konnten ihre nationalstaatliche Existenz und Souveränität erst
nach 1989 erlangen, während im westlichen Europa schon seit 1945 eine
kosmopolitische und postnationale Stimmung gewachsen ist, die eine auf
Grundlage der Menschenrechte entstandene Politik und eine internationa-
le Solidarität ermöglichte. Dagegen ist gerade zurzeit in Mittel-Ost-Europa
der postnationale Kosmopolitismus zu einem Feindbild des Rechtspopu-
lismus geworden, nicht zuletzt deswegen, weil er immer noch als Relikt der
ĂĽberwundenen Sowjetherrschaft gilt.
Beim Aufstieg und Erstarken des Rechtspopulismus handelt es sich um ein
transnationales Phänomen, wobei die rechtspopulistischen Parteien der
verschiedenen Länder stark untereinander verbunden sind. Diese drän-
gen in immer mehr Regierungen europäischer Länder, nicht nur im Osten,
sondern auch im Westen. Aus diesem Grund ist es meines Erachtens emp-
fehlenswert, nicht von einer Bruchlinie zwischen West und Ost zu spre-
chen. Die gesellschaftspolitischen Änderungen, die sich gerade in östlichen
Ländern Europas vollziehen, kann man am ehemaligen Eisernen Vorhang
sicher nicht aufhalten. Daraus ergibt sich eine groĂźe Herausforderung fĂĽr
die zeitgenössische Theologie, christliche Ethik sowie die Kirchen.
Rechtspopulismus als mächtige Herausforderung
fĂĽr die Kirchen in Mittel-Ost-Europa
In zahlreichen europäischen Ländern verbünden sich ChristInnen und
christliche Kirchen mit rechtspopulistischen Parteien und Regierungen zur
„Verteidigung des christlichen Abendlandes“, um gegenüber den Gefah-
ren des politischen Islam Widerstand zu leisten. Dabei werden politischer
Autoritarismus und christlich-religiöser Fundamentalismus strategisch
miteinander verknĂĽpft, um in starken Allianzen die politische und gesell-
schaftliche Macht wechselseitig festigen zu können.
Der Aufstieg des Rechtspopulismus
ist ein transnationales Phänomen.
Limina
Grazer theologische Perspektiven, Volume 2:1
- Title
- Limina
- Subtitle
- Grazer theologische Perspektiven
- Volume
- 2:1
- Editor
- Karl Franzens University Graz
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 4.0
- Size
- 21.4 x 30.1 cm
- Pages
- 194
- Categories
- Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven