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LIMINA - Grazer theologische Perspektiven
Limina - Grazer theologische Perspektiven, Volume 3:1
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Page - 56 - in Limina - Grazer theologische Perspektiven, Volume 3:1

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56 | www.limina-graz.eu Jochen Ostheimer | Den eigenen Untergang erzählen, um ihn zu verhindern Boett cher/Gabriel/Low 2016, 6–7). Bei quantitativen Szenarien werden vorab die entscheidenden Faktoren in einer möglichst begrenzten Anzahl festgelegt, um durch die Veränderung von Variablen quantitativ verschie- dene Verläufe zu erzeugen. In der qualitativen Vorgehensweise richtet sich der Blick eher auf menschliche Einstellungen, auf gesellschaftliche Ver- haltensmuster und Wertvorstellungen mit ihren komplexen und z. T. auch sprunghaften Auswirkungen, auf Details, Abstufungen und Unterschiede in den Eigenschaften.12 In einer solchen Vorgehensweise kommen nicht Computermodellierungen zum Einsatz, sondern Erzählungen im weiteren Sinn, weil sich die relevanten Aspekte nicht in Statistiken, sondern nur in dichten Beschreibungen fassen lassen. Der SRES- wie der RCP-Ansatz haben gemeinsam, dass sie sich dem Ty- pus explorativer Szenarien zuordnen lassen. Sie legen mögliche zukünf- tige Verläufe vor, indem sie verschiedene Bedingungen und Ausgangsan- nahmen variieren. Auf diese Weise zeigen sie Alternativen auf, arbeiten entscheidende Weggabelungen heraus oder machen Chancen und Risiken deutlich. Im Unterschied dazu beschreiben normative Szenarien eine ge- wünschte Zukunft und skizzieren mögliche Wege dorthin. Sie regen zu einer Diskussion über erstrebenswerte Ziele an und ermöglichen es, über geeignete Strategien nachzudenken, Maßnahmen zu modellieren und ihre Konsequenzen abzusehen und zu beurteilen. Szenarienbildung und das Zeitregime der Moderne Szenarien sind eine spezifisch moderne Kulturtechnik, die ein bestimm- tes Verständnis von Zukunft voraussetzen. Ein solches entwickelte sich im 17./18. Jahrhundert mit dem Zeitregime der Moderne. Das moderne Zeit- konzept schuf die historische Zeit als „stabilen Zeitraum von gesicherter Existenz und unendlicher Ausdehnung, der von der Auffüllung mit be- liebigen Ereignissen und Vorstellungen unabhängig“ (Assmann 2013, 47; vgl. Koselleck 1979; Hölscher 1999) und stattdessen von der abstrakten, gleichmäßig ablaufenden physikalischen Zeit bestimmt war. „Vom Kipp- punkt der Gegenwart aus gesehen dehnten sich Vergangenheit und Zukunft als unendliche Zeiträume aus, und es bestand die Zuversicht, in beiden Richtungen menschliches Wissen wissenschaftlich abzusichern.“ (Ass- Die relevanten Aspekte lassen sich nicht in Statistiken, sondern nur in dichten Beschreibungen fassen. 12 Der Global environment outlook 3 des Umweltprogramms der Verein- ten Nationen, der ebenfalls mit nar- rativ angelegten Szenarien arbeitet, nennt folgende Stärken: „Qualitative scenarios can explore relationships and trends for which few or no nu- merical data are available, including shocks and discontinuities. They can more easily incorporate human motivations, values and behaviour and create images that capture the imagination of those for whom they are intended.“ (UNEP 2002, 321)
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Limina Grazer theologische Perspektiven, Volume 3:1
Title
Limina
Subtitle
Grazer theologische Perspektiven
Volume
3:1
Editor
Karl Franzens University Graz
Date
2020
Language
German
License
CC BY-NC 4.0
Size
21.4 x 30.1 cm
Pages
222
Categories
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