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LIMINA - Grazer theologische Perspektiven
Limina - Grazer theologische Perspektiven, Volume 3:1
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66 | www.limina-graz.eu Şenol Yaĝdı | Von der Bildungsferne zum Bildungsaufstieg Aufstieg der Studierenden zu deuten, um zu erklären, wie dieser Bildungs- aufstieg trotz der geringen Ausstattung des Elternhauses mit traditionellen bildungsrelevanten Ressourcen gelingen konnte. Da in der gesellschaft- lichen Diskussion um Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund meist deren sprachliche und leistungsbezogene Defizite im Vordergrund stehen, zielt die Untersuchung darauf ab, ihre Potenziale und die Komple- xität der Bildungsverläufe in ihrer migrationsbedingten Lebenssituation in den Blick zu rücken. Die Leistung dieser Studie besteht darin, dass nicht nur einzelne Fakto- ren (z.  B. Geschlecht, Identität etc.) des Bildungserfolgs4 von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund untersucht werden, sondern ein breites Spektrum an Gelingensbedingungen,5 Einflussfaktoren und Res- sourcen für den Bildungsaufstieg in den Blick genommen wird. Zunächst stehen die theoretische Grundlegung und die zentralen Ergeb- nisse im Mittelpunkt der Darstellung. Anschließend werden das Erkennt- nisinteresse, die zentralen Forschungsfragen und der methodische Zugang erläutert. Schließlich wird das Verhältnis von Identität, Tradition und Reli- gion im Kontext des Bildungsaufstiegs reflektiert. Theoretische Grundlagen: Bildungserfolg aus der Sicht von Pierre Bourdieus Kapitaltheorie Da Bourdieus Theorie ihren Fokus auf Bildung im Kontext gesellschaft- licher Strukturen legt, bildet diese die theoretische Grundlage der Studie: Nach Bourdieu existiert ein immanentes Beziehungsgefüge, in dessen Zentrum die Schule, die Bildung (auch das Elternhaus) und das Wissen ste- hen (vgl. Bourdieu 1982, 279). Dabei spielen das soziale Milieu sowie die Ausstattung mit den Kapitalsorten eine große Rolle, sodass der Schulerfolg auch durch die Vererbung von kulturellem Kapital beeinflusst ist. Die Wei- tergabe eines ‚Habitus‘, der bestimmte Fähigkeiten des Umgangs mit Wis- sen einschließt, erzeugt nach Bourdieu den Anschein einer höheren Bega- bung, wenngleich objektiv betrachtet Lernprozesse die Grundlage bilden. Bourdieu führt jedoch weiter aus, dass Fleiß, hohe Bildungsaspirationen und sonstige Faktoren trotz einer niedrigen Schichtzugehörigkeit einen sozialen Aufstieg ermöglichen können. Der Fokus von Bourdieus Theorie liegt auf der Frage, welche sozialen Praktiken für den Aufstieg vom sozia- len ‚Unten‘ zum sozialen ‚Oben‘ verantwortlich sein können (vgl. Mafaa- lani 2012, 65). Für Bourdieu können die von Migrantenfamilien zur Verfü- Stellung bzw. der Klasse zu erfas- sen erlaubt, kann angesichts der neueren Forschung zu Bourdieu als überholt gelten. Bereits seine wissenschaftstheoretischen Über- legungen zur Notwendigkeit, in der soziologischen Theoriebildung sowohl subjektivistisch als auch objektivistisch orientierte Ansätze (vgl. Koller 2002) zu überwinden (Letztere würden einen Determinis- mus implizieren), widersprechen einer deterministischen Lesart der Konzeption (vgl. Bourdieu 1987). Gegen eine deterministische Inter- pretation spricht ebenso – neben anderen Aspekten – der Umstand, dass Bourdieu seine Theorie re- lational gedacht hat (vgl. Höhne 2013). Neuere Gesamtdarstellungen der Theorie Bourdieus wie jene von Rehbein kommen deshalb zu dem Schluss: „Der Habitus ist determi- niert und schöpferisch zugleich.“ (Rehbein 2016, 85) Eine determi- nistische Theorie des Habitus hätte schließlich mit dem spezifischen Erklärungsdefizit zu kämpfen, wie es einer Person gelingen kann, im sozialen Raum jenseits der eigenen Klassenherkunft nicht nur Fuß zu fassen, sondern zu reüssieren. 4 Unter „Bildungserfolg“ wird hier und im Folgenden der erfolgreiche Weg von der Volksschule bis zur Hochschulreife verstanden. 5 „Gelingensbedingungen“ be- zeichnen jene Ressourcen, die die Zielgruppe für ihren Bildungsauf- stieg eingesetzt hat. Aufgrund des qualitativen Zugangs dieser Studie
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Limina Grazer theologische Perspektiven, Volume 3:1
Title
Limina
Subtitle
Grazer theologische Perspektiven
Volume
3:1
Editor
Karl Franzens University Graz
Date
2020
Language
German
License
CC BY-NC 4.0
Size
21.4 x 30.1 cm
Pages
222
Categories
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