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LIMINA - Grazer theologische Perspektiven
Limina - Grazer theologische Perspektiven, Volume 3:1
Page - 133 -
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Page - 133 - in Limina - Grazer theologische Perspektiven, Volume 3:1

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133 | www.limina-graz.eu Johannes Thonhauser | Das Narrativ von Bedrohung und Widerstand sen Kindern durch die Jesuiten eine katholische Erziehung angedeihen zu lassen (vgl. Tropper 2011). In der Zerstörung von Kirchen und Bethäusern sowie der Schändung und Verwüstung von protestantischen Friedhöfen (vgl. Höfer 2011, 205–206; vgl. Leeb 2000, 222) durch die Religionsreformationskommission begeg- net das, was Jan Assmann „kulturelles Vergessen“ im Sinne der „Vernich- tung des Gedächtnisses in seinen kulturellen Objektivationen“ (J. Assmann 2007, 278) nennt. Mit den erzwungenen Auswanderungen und den „Trans- migrationen“ des konfessionellen Zeitalters kam zu dieser Vernichtung materieller Gedächtnisspeicher eine weitaus radikalere Form dazu: das Wegschaffen der erinnernden Subjekte selbst. Die im Land gebliebenen Kryptoprotestanten und -protestantinnen sa- hen sich, vor allem nach der Errichtung sogenannter „Missionsstationen“ durch Maria Theresia ab den 1750er-Jahren, zunehmend einer Kultur der Bespitzelung und Denunziation gegenüber (vgl. Tropper 1989, 77–80). Auf diese Weise blieben die kollektiven Erinnerungen an jene Ereignisse eine Art „Gegen-Erinnerung“, die unter der Oberfläche des offiziellen kulturel- len Gedächtnisses weitergegeben wurde. „Das Motiv der Gegenerinnerung, deren Träger die Besiegten und Un- terdrückten sind, ist die Delegitimierung von Machtverhältnissen, die als oppressiv erfahren werden.“ (A. Assmann 2006, 139) Eines der wenigen erhaltenen Beispiele, wie diese Erinnerungen von Ge- neration zu Generation tradiert worden sind, bieten die Erzählungen des Volksschullehrers Michael Unterlercher aus der Nöring, einem Kerngebiet des Geheim- bzw. Kryptoprotestantismus in Oberkärnten. „,Die Övangölischn hâmp weiter nix Guats ghât‘, moant der Vâter. ‚Mei Vâter, önker Öngge, hât noch oft derzöhlt, wia sie lei gânz hoamla, wânn’s Haus guat verspirrt gwesn is, die Betbüacher und die Bibel un- tern Bodn auser hâmp. Die Scheandarn [Gendarmen, Anm. d. Verf.] send gâr oft nâchschaugn kömmen, hâmp âber moastla nix gfunen. Dâ ban Die Rekatholisierungsmaßnahmen im 17. Jahrhundert entwickelten sich zu einer „Vergewaltigung der Gewissen in großem Stil“. Die kollektiven Erinnerungen an jene Ereignisse wurden als eine Art „Gegen-Erinnerung“ unter der Oberfläche weitergegeben.
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Limina Grazer theologische Perspektiven, Volume 3:1
Title
Limina
Subtitle
Grazer theologische Perspektiven
Volume
3:1
Editor
Karl Franzens University Graz
Date
2020
Language
German
License
CC BY-NC 4.0
Size
21.4 x 30.1 cm
Pages
222
Categories
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