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Johannes Thonhauser | Das Narrativ von Bedrohung und Widerstand
sen Kindern durch die Jesuiten eine katholische Erziehung angedeihen zu
lassen (vgl. Tropper 2011).
In der Zerstörung von Kirchen und BethÀusern sowie der SchÀndung und
VerwĂŒstung von protestantischen Friedhöfen (vgl. Höfer 2011, 205â206;
vgl. Leeb 2000, 222) durch die Religionsreformationskommission begeg-
net das, was Jan Assmann âkulturelles Vergessenâ im Sinne der âVernich-
tung des GedĂ€chtnisses in seinen kulturellen Objektivationenâ (J. Assmann
2007, 278) nennt. Mit den erzwungenen Auswanderungen und den âTrans-
migrationenâ des konfessionellen Zeitalters kam zu dieser Vernichtung
materieller GedÀchtnisspeicher eine weitaus radikalere Form dazu: das
Wegschaffen der erinnernden Subjekte selbst.
Die im Land gebliebenen Kryptoprotestanten und -protestantinnen sa-
hen sich, vor allem nach der Errichtung sogenannter âMissionsstationenâ
durch Maria Theresia ab den 1750er-Jahren, zunehmend einer Kultur der
Bespitzelung und Denunziation gegenĂŒber (vgl. Tropper 1989, 77â80). Auf
diese Weise blieben die kollektiven Erinnerungen an jene Ereignisse eine
Art âGegen-Erinnerungâ, die unter der OberflĂ€che des offiziellen kulturel-
len GedÀchtnisses weitergegeben wurde.
âDas Motiv der Gegenerinnerung, deren TrĂ€ger die Besiegten und Un-
terdrĂŒckten sind, ist die Delegitimierung von MachtverhĂ€ltnissen, die als
oppressiv erfahren werden.â (A. Assmann 2006, 139)
Eines der wenigen erhaltenen Beispiele, wie diese Erinnerungen von Ge-
neration zu Generation tradiert worden sind, bieten die ErzÀhlungen des
Volksschullehrers Michael Unterlercher aus der Nöring, einem Kerngebiet
des Geheim- bzw. Kryptoprotestantismus in OberkÀrnten.
â,Die Ăvangölischn hĂąmp weiter nix Guats ghĂątâ, moant der VĂąter. âMei
VĂąter, önker Ăngge, hĂąt noch oft derzöhlt, wia sie lei gĂąnz hoamla,
wĂąnnâs Haus guat verspirrt gwesn is, die BetbĂŒacher und die Bibel un-
tern Bodn auser hĂąmp. Die Scheandarn [Gendarmen, Anm. d. Verf.] send
gùr oft nùchschaugn kömmen, hùmp ùber moastla nix gfunen. Dù ban
Die RekatholisierungsmaĂnahmen im 17. Jahrhundert entwickelten
sich zu einer âVergewaltigung der Gewissen in groĂem Stilâ.
Die kollektiven Erinnerungen an jene Ereignisse wurden als eine
Art âGegen-Erinnerungâ unter der OberflĂ€che weitergegeben.
Limina
Grazer theologische Perspektiven, Band 3:1
- Titel
- Limina
- Untertitel
- Grazer theologische Perspektiven
- Band
- 3:1
- Herausgeber
- Karl Franzens University Graz
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- Abmessungen
- 21.4 x 30.1 cm
- Seiten
- 222
- Kategorien
- Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven