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Martina Schmidhuber | Mehr-Generationen-Wohnen als Zukunftsmodell
Im Hinblick auf das gute Leben von Menschen mit Demenz gibt es zwei An-
sĂ€tze: Die eine Seite möchte fĂŒr Menschen mit Demenz speziell geeigneten
Wohnraum schaffen, in dem sie möglichst lange selbstÀndig leben können.
Die andere Seite hingegen plĂ€diert fĂŒr eine Integration von Menschen mit
Demenz in die Gesellschaft.
Als ein speziell fĂŒr Menschen mit Demenz geeigneter Wohnraum wird seit
einigen Jahren das Konzept der Demenzdörfer propagiert. Hier können sich
Menschen mit Demenz in einem dorfĂ€hnlichen, groĂzĂŒgigen, aber einge-
zĂ€unten Areal frei bewegen. Das GefĂŒhl der Autonomie bleibt dadurch lĂ€n-
ger vorhanden, das sogenannte âherausfordernde Verhaltenâ (Unruhe,
Aggression) nimmt ab. Das erste Demenzdorf wurde 2009 in Hogeweyk in
den Niederlanden, in der NĂ€he von Amsterdam, gegrĂŒndet. Inzwischen gibt
es auch in Deutschland schon mehrere Demenzdörfer, z. B. in Tönebön am
See in Niedersachsen. Die Bewohnerinnen und Bewohner des Dorfes leben
in einem Haus oder einer Wohnung, die jener Àhnlich ist, in der sie vor der
Erkrankung gelebt haben. Der Einrichtungsstil basiert auf Lebensstandards
der jeweiligen Gesellschaftsschichten, sodass das Wohnumfeld möglichst
vertraut wirkt. Die Pflegenden im Dorf unterstĂŒtzen die Menschen mit
Demenz in ihren AktivitÀten des tÀglichen Lebens. Das ermöglicht ihnen,
selbstÀndig ihren Alltag zu meistern. Die Pflegenden achten darauf, dass
die Menschen mit Demenz gut zurecht kommen, geben sich aber nicht als
Pflegende zu erkennen, weil dies wiederum das GefĂŒhl der NormalitĂ€t des
Alltags der Betroffenen beeintrĂ€chtigen wĂŒrde. Da jeder gesunde Mensch,
der im Demenzdorf anwesend ist, weiĂ, dass Menschen mit Demenz an-
ders agieren als gesunde Menschen, reagieren sie auch dementsprechend
verstÀndnisvoll. So können die Menschen mit Demenz im Supermarkt des
Dorfes einkaufen gehen, zum Friseur und in ein Café. Die Langsamkeit der
Menschen mit Demenz und ihr vielleicht ungewöhnlicheres Verhalten ver-
steht im Demenzdorf jede/r und kann darauf eingehen.
Schon an dieser Beschreibung wird deutlich, was der wesentliche Vorteil
von Demenzdörfern ist: Menschen mit Demenz können hier so leben, wie
es ihnen entspricht, sie können sich frei bewegen, ohne dass es zu Pro-
In Demenzdörfern können Menschen mit
Demenz so leben, wie es ihnen entspricht.
Speziell geeigneter Wohnraum vs. Integration in die Gesellschaft
Limina
Grazer theologische Perspektiven, Volume 3:1
- Title
- Limina
- Subtitle
- Grazer theologische Perspektiven
- Volume
- 3:1
- Editor
- Karl Franzens University Graz
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 4.0
- Size
- 21.4 x 30.1 cm
- Pages
- 222
- Categories
- Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven