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Rita Perintfalvi | LGBTIQ-Menschen als Zielscheiben rechtspopulistischer und fundamentalistischer Angriffe
hungsgeschichte und den historischen Hintergrund der Bibel nicht berĂŒck-
sichtigt bzw. deren Einbezug grundsÀtzlich ablehnt.
âHandeln in NĂ€chstenliebe wird nicht vom anderen Menschen her, vom
unvorhersehbaren NĂ€chsten und dessen Not her begrĂŒndet, so wie es
z. B. Jesus tat in seinem Eintreten fĂŒr Notleidende. Jesus ging es nicht um
die ErfĂŒllung von Geboten im Sinne einer Gesetzes- und Belohnungs-
religion der ,guten Werkeâ, sondern um das Sich-KĂŒmmern um den
Anderen. Handeln wird auch nicht von der jeweiligen Situation her be-
stimmt und auch nicht von dem sich autonom entscheidenden Menschen
her im Sinne der Pflicht-Ethik des kategorischen Imperatives bei Kant.â
(Gerber 2015, 83)
Typisch fĂŒr die fundamentalistische Denkweise ist, dass sie wissenschaft-
liche Argumente ignoriert oder die Wissenschaft sogar als Feindbild kons-
truiert. Und eben diese âWahrnehmungsblockadenâ verunmöglichen den
Dialog mit Disziplinen wie Medizin, Biologie, Psychologie und Psychiatrie.
Deren moderne Erkenntnisse und Entdeckungen ĂŒber trans- sowie inter-
sexuelle Menschen könnten ihnen jedoch helfen, das Leben und Leiden
dieser Menschen besser zu verstehen.
Die pathologisierende Ablehnung der âwidernatĂŒrlichenâ Homosexuali-
tĂ€t wird von der als unverrĂŒckbar geltenden Schöpfungsordnung her be-
grĂŒndet und daher als therapierbar bekĂ€mpft, obwohl alle seriösen wissen-
schaftlichen Forschungen das Gegenteil beweisen. Auch das totale Miss-
verstÀndnis von Trans- und IntersexualitÀt wird naturrechtlich durch die-
se Schöpfungsordnung gestĂŒtzt:
âDer Versuch, den konstitutiven Unterschied von Mann und Frau zu
ĂŒberwinden, wie es in der IntersexualitĂ€t oder im Transgender der Fall
ist, fĂŒhrt zu einer mĂ€nnlichen und weiblichen AmbiguitĂ€t, die auf wider-
sprĂŒchliche Weise jene sexuelle Differenz voraussetzt, die man negieren
oder aufheben will. Dieses Oszillieren zwischen mÀnnlich und weiblich
wird letztlich zur bloĂ âprovokatorischenâ Demonstration gegen die so-
genannten âtraditionellen Schemataâ, die den Leiden derer, die in einer
unbestimmten Situation leben, nicht Rechnung trÀgt. Eine Àhnliche Auf-
fassung sucht die Natur auszulöschen (alles das, was wir als uns vor-
aus bestehende Grundlage unseres Seins und all unseres Handelns in der
Welt empfangen haben), wĂ€hrend man sie damit implizit bestĂ€tigt.â
(Kongregation fĂŒr das Katholische Bildungswesen 2019, Punkt 25)
Wenn Gott den Menschen binaÌr, also als Mann und Frau, geschaffen hat,
dann gibt es fĂŒr Intersexuelle keinen Platz mehr in dieser göttlichen Ord-
Limina
Grazer theologische Perspektiven, Volume 4:1
- Title
- Limina
- Subtitle
- Grazer theologische Perspektiven
- Volume
- 4:1
- Editor
- Karl Franzens University Graz
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- Size
- 21.4 x 30.1 cm
- Pages
- 224
- Categories
- Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven