Web-Books
in the Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Zeitschriften
LIMINA - Grazer theologische Perspektiven
Limina - Grazer theologische Perspektiven, Volume 2:2
Page - 36 -
  • User
  • Version
    • full version
    • text only version
  • Language
    • Deutsch - German
    • English

Page - 36 - in Limina - Grazer theologische Perspektiven, Volume 2:2

Image of the Page - 36 -

Image of the Page - 36 - in Limina - Grazer theologische Perspektiven, Volume 2:2

Text of the Page - 36 -

37 | www.limina-graz.eu Thomas Söding | Freiheit des Gewissens – Freiheit des Glaubens Die Problemstellung Für das Neue Testament ist Gott der Grund, der Anwalt und Antrieb aller menschlichen Freiheit; Paulus hat diesen Ansatz, der auf den Exodus zu- rückgeht, die Befreiung Israels aus Ägypten, christologisch rekonstruiert und ethisch orientiert (Vorholt 2018). Im Ersten Korintherbrief hat er die Korrelation zwischen der Freiheit und dem Recht des Apostels reflektiert, einschließlich der Konsequenz, auf ein Recht zu verzichten, wenn dies der Freiheit anderer dient (1  Kor 9). Im Galaterbrief hat er die Ethik der Liebe ins Zeichen der Freiheit gestellt, die Gottes Gebot nicht auflöst, sondern erfüllt (Gal 5). Im Römerbrief hat er die persönliche Heilshoffnung, die sich in der Rechtfertigung durch den Glauben verdichtet, in den großen Hori- zont der Schöpfungstheologie und der Heilsgeschichte Israels gestellt, so dass der Glaube (Röm 6,18  –  7,6; 8,2.21) wie das Gewissen (Röm 2,4–8; vgl. 13,5) als Orte der Freiheit markiert werden. Für die Neuzeit ist hingegen menschliche Freiheit in wichtigen philoso- phischen Strömungen (Carter/Kramer/Steiner 2007) Unabhängigkeit von Gott. Zu fragen ist, welches Gottesbild diese Konsequenz zeitigt und wel- ches Freiheitskonzept dadurch entsteht. Die Antwort fällt differenziert aus. Philosophisch ist es der aufgeklärte Deismus (Baert 2010), der sich eine metaphysische Determination der Natur dachte, so dass sich Freiräume des Denkens und Handelns nur dann zu öffnen schienen, wenn der Gottesfak- tor minimiert wurde. Theologisch muss zwischen konfessionellen Faktoren differenziert wer- den. Bei den Reformierten wurde die Prädestination eingangs der Neu- zeit auf eine Weise betont, dass sie mit Emanzipation nicht vermittelbar schien und es deshalb besser scheinen mochte, gar nicht von Vorsehung zu sprechen. Bei den Lutheranern wurde die Anthropologie im Zuge des simul iustus et peccator so schwarz eingefärbt, dass der Blick auf das eigene Ich nur den todeswürdigen Sünder erkennen durfte, während die Arbeit, die Verantwortung, die Selbstverwirklichung des Menschen von der Gottes- beziehung gelöst wurde. Bei den Katholiken wurde die Ethik während des 19.  Jahrhunderts im Zeichen des Naturrechts derart rigide ausgelegt, dass für das eigene Urteil der Menschen kein Platz mehr zu existieren schien. Für die Neuzeit bedeutet menschliche Freiheit in wichtigen philosophischen Strömungen Unabhängigkeit von Gott.
back to the  book Limina - Grazer theologische Perspektiven, Volume 2:2"
Limina Grazer theologische Perspektiven, Volume 2:2
Title
Limina
Subtitle
Grazer theologische Perspektiven
Volume
2:2
Editor
Karl Franzens University Graz
Date
2019
Language
German
License
CC BY-NC 4.0
Size
21.4 x 30.1 cm
Pages
267
Categories
Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven
Web-Books
Library
Privacy
Imprint
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Limina