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Reinhold Esterbauer | Zwischen Hoffnung und Gewalt
(Levinas 1992b, 33/37), sondern über sie hinaus sogar die Notwendigkeit
von Vergebung überwinden möchte, besteht die Gefahr, dass man Verbre-
chen nicht mehr als solche benennt und daher trotz des Versuchs, Zorn und
Rache durch die Forderung nach übermenschlicher Großzügigkeit zu über-
winden, Unmenschlichkeit gleichsam wider Willen neuerlich etabliert. Re-
ligiöse Freiheit geht hingegen davon aus, dass solche „überwältigende Lie-
be“ zwischen Menschen die Endlichkeit und Verletzlichkeit des Menschen
nicht überwinden kann, sondern Leben nicht nur im Schlechten, sondern
auch im Guten unabgeschlossen bleibt. Sie paart sich mit der Hoffnung,
dass die Vollendung von anderswoher zugesprochen werden muss. Denn
religiös frei zu sein heißt, auf das Gute ausgerichtet und für die eigenen Ta-
ten verantwortlich zu sein sowie darauf zu hoffen, dass der menschlichen
Vorläufigkeit durch Gott aufgeholfen wird. Anderenfalls bliebe religiöse
Freiheit wirklich bloß ein Phantom.
Limina
Grazer theologische Perspektiven, Volume 2:2
- Title
- Limina
- Subtitle
- Grazer theologische Perspektiven
- Volume
- 2:2
- Editor
- Karl Franzens University Graz
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 4.0
- Size
- 21.4 x 30.1 cm
- Pages
- 267
- Categories
- Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven