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LIMINA - Grazer theologische Perspektiven
Limina - Grazer theologische Perspektiven, Volume 2:2
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Page - 157 - in Limina - Grazer theologische Perspektiven, Volume 2:2

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158 | www.limina-graz.eu Hildegard Wustmans | Missbrauch – die Verspottung der Freiheit bestimmte Weise gehandelt – beispielsweise einen bestimmten Blick auf sein eigenes Leben bekommen, eine bestimmte Lebensentscheidung getroffen, ein bestimmtes Gebet gesprochen, Geld gespendet  –, während er in Wirklichkeit mit Hilfe bestimmter Techniken dazu gebracht worden ist.“ (Wagner 2019a, 99 [Hervorhebungen: im Original]) All das wird dadurch befördert, dass es zwischen den Beteiligten ein asym- metrisches Beziehungsverhältnis gibt: durch das Amt, die Stellung, den guten Ruf, den Wissens- und Erfahrungsschatz … Doris Wagner macht darauf aufmerksam, hellhörig zu werden, wenn „der Eindruck erweckt wird, das Leben in einer bestimmten Gemeinschaft oder mit einer bestimmten Entscheidung wäre das reinste Glück.“ (Wagner 2019a, 110) Dann wird zwischen den Zeilen Zwang ausgeübt. Denn für alles, was sich nicht in diese Kategorien von Glück und Zufriedenheit einreihen lässt, ist im wahrsten Sinn des Wortes kein Platz. So werden Menschen dazu gezwungen, „über ihre wahren Gefühle zu schweigen und ihr Äußeres, ihre Mimik, ihre Aussagen und ihr Verhalten dem Glücksnarrativ anzupassen.“ (Wagner 2019a, 110) Allerdings können auch Rituale und Gebete manipula- tiv eingesetzt werden, was oft dann geschieht, wenn Ich-Formulierungen gesprochen werden. Wer spirituell manipuliert wird, hört auf, sich selbst zu fühlen, selbst zu denken und selbstbewusst zu handeln. Mit der Zeit ent- fremden sich spirituell manipulierte Menschen nicht nur von sich selbst, sondern auch von ihrem Umfeld, ihren Freund*innen und Familien eines höheren Zieles wegen: Gott. (Vgl. Wagner 2019a, 127) „Z lebte 10 Jahre lang in einer Gemeinschaft. Er musste Tag und Nacht arbeiten, bekam nie Freizeit, seine gesamte Kommunikation wurde kon- trolliert, er durfte keinen persönlichen Austausch pflegen, und das alles aus Liebe zum göttlichen Herzen Jesu.“ (Mertes 2018, 37–38) Wer spirituell manipuliert wurde, ist dann auch ein leichtes Opfer spiritu- eller Gewalt. Die Vorgabe, auf enge Freundschaften zu verzichten, ist ein Gewaltakt. Wo spirituelle Gewalt eingesetzt wird, gilt es, den letzten Frei- raum des Individuums zu besetzen und damit zu zerstören. „Alles, was einen Menschen innerlich mit sich selbst in Kontakt bringen und frei machen kann, wird von den Führern spirituell totalitärer Syste- Wer spirituell manipuliert wird, hört auf, sich selbst zu fühlen.
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Limina Grazer theologische Perspektiven, Volume 2:2
Title
Limina
Subtitle
Grazer theologische Perspektiven
Volume
2:2
Editor
Karl Franzens University Graz
Date
2019
Language
German
License
CC BY-NC 4.0
Size
21.4 x 30.1 cm
Pages
267
Categories
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