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LIMINA - Grazer theologische Perspektiven
Limina - Grazer theologische Perspektiven, Volume 2:2
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Page - 170 - in Limina - Grazer theologische Perspektiven, Volume 2:2

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171 | www.limina-graz.eu Franz Winter | Hat neben Gottes Allmacht der freie Wille noch Platz? spielsweise folgende Aussage interpretiert werden (Sure 16,93): „Aber er [sc. Gott] fĂŒhrt irre, wen er will, und leitet recht, wen er will“ (vgl. auch Sure 6,125; 13,27). Dem steht wiederum eine (allerdings recht singulĂ€re) Aussage gegenĂŒber, die man als PlĂ€doyer gegen eine Vorherbestimmung interpretieren könnte (Sure 13,11): „Gott verĂ€ndert nichts an einem Volk, solange sie (d.  h. die Angehörigen dieses Volkes) nicht (ihrerseits) verĂ€n- dern, was sie an (?) sich haben.“ Es gibt aber auch Aussagen, in denen göttliche Leitung oder eben Miss- leitung das Ergebnis von zuvor liegenden guten oder schlechten Taten des Menschen sind (vgl. etwa Sure 2,26; 3, 86; 16,104) oder aber davon abhĂ€n- gig gemacht werden, ob der Mensch sich Gott anvertraut (vgl. Sure 16, 104; 90,9–10). Andere Kontexte wiederum stellen in den Raum, dass die Ent- scheidung zwischen Glaube und Unglaube von Menschen selbst gemacht wird, wĂ€hrend Gott ihnen nur Leitung (hudā) gibt (Sure 18,29; 41,17; 6,125; vgl. auch 4,31). Diese grundsĂ€tzliche Ambivalenz resp. Unklarheit tritt deutlich in folgender Stelle entgegen (Sure 76,29–31): „Dies ist eine Er- innerung. Wer nun will, (nimmt sie sich zu Herzen und) schlĂ€gt einen Weg zu seinem Herrn ein. / Aber ihr wollt nicht, es sei denn, Gott will es. Gott weiß Bescheid und ist weise. / Er lĂ€sst in seine Barmherzigkeit eingehen, wen er will. FĂŒr die Frevler aber hat er eine schmerzhafte Strafe bereit“ (zur Interpretation im grĂ¶ĂŸeren Kontext der Sure vgl. die Angaben zur Stelle bei Nasr 2017). In gewisser Weise stoppt der Koran an dieser Stelle und fragt beispielswei- se nicht, wie Gott diejenigen strafen kann, die er selbst vom rechten Weg abgebracht hat, oder ob er nicht möglicherweise die Quelle aller Misse taten der Menschen ist, was wiederum dessen PrĂ€dikat als Gerechter in Frage stellen wĂŒrde. Genau das war die RĂ€tselaufgabe, die die nachfolgenden Ge- nerationen zu lösen hatten: Wie lĂ€sst sich der Widerspruch zwischen einer angenommenen PrĂ€destination, noch dazu durch einen als „gerecht“ prĂ€- dikatisierten Gott, und der eigentlich vorausgesetzten ausschließlichen Selbstverantwortung des Menschen beim Letzten Gericht auflösen? Es gibt aber auch Aussagen, in denen göttliche Leitung das Ergebnis von zuvor liegenden guten oder schlechten Taten des Menschen ist. Eine RĂ€tselaufgabe fĂŒr die nachfolgenden Generationen
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Limina Grazer theologische Perspektiven, Volume 2:2
Title
Limina
Subtitle
Grazer theologische Perspektiven
Volume
2:2
Editor
Karl Franzens University Graz
Date
2019
Language
German
License
CC BY-NC 4.0
Size
21.4 x 30.1 cm
Pages
267
Categories
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