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Karl Farmer | Warum handelspolitischer Protektionismus wieder politikmächtig
und wirtschaftliche Freiheit zum Phantom wurden
als sozialer Gruppe identifizieren oder nicht, oder sie identifizieren sich
mit der Nation oder nicht. Ähnlich können sich geringer qualifizierte Indi-
viduen mit der Mittelklasse oder der Nation bzw. mit keinem oder mit bei-
dem identifizieren.
Von besonderem Interesse sind Situationen, in denen eine Veränderung im
politischen oder wirtschaftlichen Umfeld zu einer Ă„nderung des Identifi-
kationsregimes fĂĽhrt. Ein markantes Beispiel ist die von Mutz (2018) fest-
gestellte Änderung in den Wählerpräferenzen zwischen 2012 und 2016, die
meist als ein Wiederaufleben von „Populismus“ interpretiert wird. Mül-
ler (2016, 40) folgend, ist Populismus „a specific form of identity politics
in which a group of voters rejects the elite members of society’s claims to
moral legitimacy“. „Populists do not just criticize elites; they also claim
that they and only they represent the true people.“ (Ebenda) Populistische
Politiker befĂĽrworten Politiken, die ihrer Meinung nach zu Recht die Inter-
essen der „korrupten“ Segmente der Gesellschaft missachten, während sie
den Interessen des „realen“ Volkes („kleinen Mannes“) dienen.
Um den Schwenk zum Populismus im Modell abzubilden, starten Gross-
man und Helpman (2018) mit einem Identifikationsregime, in dem sich die
geringer Qualifizierten nicht nur als (untere) Mittelklasse, sondern sich mit
der gesamten Bevölkerung eines Landes, also auch den höher Qualifizierten,
identifizieren. Infolge einer populistischen Revolution ändert sich das Identi-
fikationsregime. Die geringer Qualifizierten hören auf, sich mit all ihren Mit-
bürgern und Mitbürgerinnen zu identifizieren, sondern sie setzen die „Na-
tion“ mit ihrer eigenen Bezugsgruppe gleich. Die Autoren beschreiben genau
die Änderungen in den Modellparametern, die eine solche Veränderung im
Identifikationsregime bewirken und untersuchen die Konsequenzen fĂĽr die
Außenhandelspolitik im sozialen Identifikationsgleichgewicht. Sie können
zeigen, dass das neue Identifikationsregime einen diskreten Sprung zu
einem hohen Importzoll induziert.
Um die Logik hinter diesen Ergebnissen besser verständlich machen zu
können, wird die Modellwirtschaft etwas genauer beschrieben. Materiel-
len Nutzen beziehen sowohl die geringer als auch die höher Qualifizierten
aus dem Konsum des Exportgutes und des anderen Gutes, das sowohl im
Inland produziert als auch aus dem Ausland importiert werden kann (z. B.
Autos). Das typische Wirtschaftssubjekt in der kleinen offenen Volkswirt-
Veränderungen im politischen oder wirtschaftlichen Umfeld können
zu einer Ă„nderung des Identifikationsregimes fĂĽhren.
Limina
Grazer theologische Perspektiven, Volume 2:2
- Title
- Limina
- Subtitle
- Grazer theologische Perspektiven
- Volume
- 2:2
- Editor
- Karl Franzens University Graz
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 4.0
- Size
- 21.4 x 30.1 cm
- Pages
- 267
- Categories
- Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven