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LIMINA - Grazer theologische Perspektiven
Limina - Grazer theologische Perspektiven, Volume 3:2
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Page - 33 - in Limina - Grazer theologische Perspektiven, Volume 3:2

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33 | www.limina-graz.eu Daniel Pachner | Wirklichkeit und Erfahrbarkeit digitaler Welten Zieht man eine Parallele zwischen dem Buch als Medium und den digitalen Medien, fallen einige Besonderheiten auf. Zum einen braucht es das beson- dere Vermögen des Lesens, das verinnerlicht sein muss, damit man in die Situation der Geschichte und damit in ihre Welt versetzt werden kann. Das Aufsetzen der Brille als magisches Mittel, das die Welt der Geschichte zum Erscheinen bringt, misslingt beim Lesen, stellt aber gerade den Prozess dar, der beim Aufsetzen einer Virtual-Reality-Brille ablĂ€uft. Hier braucht man keinerlei Vorkenntnisse oder erlernte FĂ€higkeiten, um diesen digital erzeugten Raum zu erfahren. Die FĂ€higkeiten, die es zum Erfahren-Kön- nen einer digitalen Welt braucht, nimmt das Interface dem User ab (vgl. Hartmann 2018, 124–125). Das Interface vervielfacht die Vermittlungsweisen von Inhalten, weil es nicht an eine bestimmte mediale Form gebunden ist, sondern am mensch- lichen Körper „andockt“. Das Buch hingegen analysiert nicht und verwer- tet keine Informationen: Das Erscheinen der Welt der Geschichte ist vom Menschen abhĂ€ngig, wird nicht benutzerfreundlich gestaltet und wartet nicht auf Feedback, um seine Funktion besser zu erfĂŒllen. Verfechter der neuen Entwicklungen wie etwa Hartmann verwehren sich zwar dagegen, das Interface als eine „EntmĂŒndigung der Nutzer“ (Hartmann 2018, 124) zu verstehen. Aber der besondere Ansatzpunkt vieler Interfaces an Sinnes- vermögen der meisten Menschen wie Sehen, Hören oder auch Tasten (vgl. Gent 2019) und weniger an intellektuellen Anforderungen – der Wandel von LiteraritĂ€t zur „‚electric stimulation‘“ (Hartmann 2018, 140) – drĂ€ngt den Menschen zunehmend in eine reagierende Position und gibt eine be- stimmte Art der Interaktion vor. Der Schritt zum Ver-Leiten liegt sehr nahe (vgl. Voss 2020). Die Grenzen des Interfaces bestimmen nicht nur die Grenzen der Erfahrbar- keit digitaler Welten, sondern auch ihre Manipulierbarkeit, die man heute als User immer mehr aus der Hand gibt. Dies reicht von KaufvorschlĂ€gen, die bei Amazon etwa Algorithmen erstellen und dem Unternehmen bis zu 35 Prozent an VerkĂ€ufen sichern (vgl. Laaff 2019), bis zu der unglaublich aufwĂ€ndigen Schaffung eines vom Rest der Welt unabhĂ€ngigen Internets, das in China dem einfachen BĂŒrger eine mediale Welt vortĂ€uscht, die es nur dort gibt (vgl. Arte.tv/Hikari 2019). Das Interface ist nicht an eine bestimmte mediale Form gebunden, sondern es „dockt“ am menschlichen Körper „an“.
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Limina Grazer theologische Perspektiven, Volume 3:2
Title
Limina
Subtitle
Grazer theologische Perspektiven
Volume
3:2
Editor
Karl Franzens University Graz
Date
2020
Language
German
License
CC BY-NC 4.0
Size
21.4 x 30.1 cm
Pages
270
Categories
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