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Georg Gasser | „I0I00I0II ... Ich, digital?“
ten Ethik behandelt werden. Dieser Beitrag behandelt hingegen explizit
die zugrundeliegenden anthropologisch-metaphysischen Annahmen, da
letztlich ein möglicher Erfolg oder Misserfolg einer Technologie wie des
Mind-Uploading unmittelbar von diesen abhängt.
Es sei darauf hingewiesen, dass diese Diskussion derzeit vielen als ferne
und unrealistische Zukunftsmusik erscheint. Dass die Vision des Mind-Up-
loading aber nicht nur als eine Phantasterei von Science-Fiction-Liebha-
bern und Technikfreaks abgetan werden kann, zeigen z. B. Umfragen unter
Experten der KĂĽnstlichen Intelligenz: Etliche von ihnen gehen davon aus,
dass wir bis zum Ende des 21. Jahrhunderts kĂĽnstliche Systeme entwickelt
haben werden, die menschliche Intelligenz bei weitem ĂĽbertreffen (vgl.
Müller/Bostrom 2016). In der Folge – so die Überlegung von Verfechtern
eines Mind-Uploading – rückt auch die Möglichkeit der Entwicklung ent-
sprechender Transfertechniken des Bewusstseins in greifbare Nähe, weil
davon auszugehen ist, dass diese zukĂĽnftigen super-intelligenten kĂĽnst-
lichen Systeme in der Lage sein werden, technische Probleme, die mit dem
Mind-Uploading einhergehen, zu bewältigen.
Begriffliche Klärungen
Um die entscheidenden anthropologisch-metaphysischen Voraussetzun-
gen des Mind-Uploading genauer in den Blick zu bekommen, beginne ich
mit einigen grundlegenden begrifflichen Klärungen.
In der Metaphysik zur menschlichen Person wird meist zwischen zwei
Grundoptionen unterschieden.1 Die erste Grundoption besagt, dass Men-
schen wesentlich Personen sind. Person-Sein zeichnet sich durch „robustes“
Bewusstsein aus, da dieses fĂĽr die menschliche Lebensform zentral ist.
„Robustes“ Bewusstsein wird von „rudimentärem“ Bewusstsein unter-
schieden (vgl. Baker 2013, 127–143). „Robustes Bewusstsein“ bezieht sich
auf die Fähigkeit, sich selbst als sich selbst zu begreifen, d. h. eigene Be-
wusstseinszustände wie z. B. Erinnerungen, Wünsche oder Ziele erkennen
und sich darauf gezielt beziehen zu können. „Robustes Bewusstsein“ gilt
oftmals als Voraussetzung für Person-Sein. „Rudimentäres Bewusstsein“
bezeichnet hingegen das Haben von Bewusstseinszuständen samt daraus
Ein möglicher Erfolg oder Misserfolg des Mind-Uploading hängt unmittelbar
von den zugrundeliegenden anthropologisch-metaphysischen Annahmen ab.
1 Für eine feinkörnige Unterschei-
dung zwischen verschiedenen An-
sätzen siehe Olson 2007.
Limina
Grazer theologische Perspektiven, Volume 3:2
- Title
- Limina
- Subtitle
- Grazer theologische Perspektiven
- Volume
- 3:2
- Editor
- Karl Franzens University Graz
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 4.0
- Size
- 21.4 x 30.1 cm
- Pages
- 270
- Categories
- Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven