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LIMINA - Grazer theologische Perspektiven
Limina - Grazer theologische Perspektiven, Volume 3:2
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80 | www.limina-graz.eu Herbert Hrachovec | OmniprĂ€senz / TeleprĂ€senz von Terroristen in der afghanischen Provinz Uruzgan“. Und nehmen wir an, jemand fragt unglĂ€ubig, wie das möglich sei. Niemand könne sich an zwei Tausende Kilometer entfernten Orten gleichzeitig befinden. Im Krieg der Drohnen ist die Antwort einfach. 2010, als die angefĂŒhrte Exe kution (von Zivilisten) tatsĂ€chlich stattfand (Zuccino 2010), vermittelte Tele- prĂ€senz zwischen der Drohnensteuerung in Nevada, der Datenanalyse in Florida und einem Hubschrauberpiloten vor Ort. Inzwischen vereinfachte sich die Kausalkette. 2019 wurden dreißig Bauern in Nangargar direkt von einer Drohne ermordert (US drone strike 2019). Die Waffe ist mit Senso- ren, Transmittern und Triggermechanismen ausgestattet, ein translokales KampfgerĂ€t. Dardanus, der gallische PrĂ€fekt, rĂ€tselte ĂŒber die simultane Anwesenheit Jesu Christi an zwei Orten. FĂŒr „Dardanus“, den US-Soldaten, ist die prak- tisch zeitgleiche, verdoppelte Lokalisierung seiner Handlungen kein Pro- blem. Eine Raum-Zeit-Anomalie, wie sie einstmals in der religiösen Ver- heißung auftauchte, steht in der KriegsfĂŒhrung des 21. Jahrhunderts auf der Tagesordnung. Als Kennbild des globalen Überblicks diente in frĂŒheren Zeiten das Auge Gottes. Es ist von einem an Satelliten gekoppelten Radar- schirm ersetzt worden. Die Frage, wie man diese Ortsbestimmung verste- hen soll, ist damit allerdings noch nicht geklĂ€rt. Es strĂ€ubt sich etwas beim Gedanken der Bilokation eines Individuums, selbst wenn es an beiden Stellen mit zentralen körperlichen FĂ€higkeiten (Sehen, Hören, Navigieren, Interagieren) „anwesend“ ist. In den 90er- Jahren des vergangenen Jahrhunderts hat man die digital vernetzte Tele- kommunikation als Dimension einer neuen Transzendenz gefeiert, die alle rĂ€umlichen und kulturellen Grenzen ĂŒbersteigt. Dirk Baecker erlĂ€utert: „Ein Netzwerk ist etwas, wo alles das, was funktioniert, nur ĂŒber strikt nachbarschaftliche Relationen passiert.“ (Baecker 1990, 128) Der Compu- ter ermöglicht „dabei in zunehmendem Maße die ‚Transzendierung‘ des Raumes zum ‚kĂŒnstlichen Raum‘“ (Becker 1991, 251). Im darin stattfin- denden Verschwinden von Entfernung und Distanz werden nach Florian Rötzer „alle Grenzen zwischen Kulturen beseitigt“ (Rötzer 1995, 126). Die AnsprĂŒche sind hoch gegriffen und so verwundert auch die Ausrufung einer biotechnischen Theologie durch Roy Ascott nicht. Eine Raum-Zeit-Anomalie steht in der KriegsfĂŒhrung des 21. Jahrhunderts auf der Tagesordnung.
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Limina Grazer theologische Perspektiven, Volume 3:2
Title
Limina
Subtitle
Grazer theologische Perspektiven
Volume
3:2
Editor
Karl Franzens University Graz
Date
2020
Language
German
License
CC BY-NC 4.0
Size
21.4 x 30.1 cm
Pages
270
Categories
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