Web-Books
in the Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Zeitschriften
LIMINA - Grazer theologische Perspektiven
Limina - Grazer theologische Perspektiven, Volume 3:2
Page - 82 -
  • User
  • Version
    • full version
    • text only version
  • Language
    • Deutsch - German
    • English

Page - 82 - in Limina - Grazer theologische Perspektiven, Volume 3:2

Image of the Page - 82 -

Image of the Page - 82 - in Limina - Grazer theologische Perspektiven, Volume 3:2

Text of the Page - 82 -

82 | www.limina-graz.eu Herbert Hrachovec | Omnipräsenz / Telepräsenz druck spielt in der metaphysischen Kategorienlehre, im Kapitel über Quan- tität, eine gewisse Rolle. Der landläufigen Ausdehnung (extensio formalis) wird eine extensio virtualis entgegengesetzt. Diese Eigenschaft besitzen Enti täten, deren Präsenz sich auf mehrere Orte verteilt, während sie ihre singuläre Identität behalten (Coesemans 2019, 79–80). Engel, das wurde schon erwähnt, können gleichzeitig an verschiedenen Orten erscheinen. Dieser Konstruktion gemäß kann Gott alle Orte seiner Schöpfung sehen. Sie bietet sich heutzutage zur Beschreibung der Telepräsenz an.8 Die Teilneh- merInnen an einem Video-Chat sind vor ihrem Monitor und im gemein- samen Softwaremedium, mittels dessen sie untereinander agieren, anwe- send. Der Ähnlichkeit des Motivs steht indessen eine eklatante Diskrepanz der begrifflichen Voraussetzungen gegenüber. „Auch wenn sich der Theologie durchaus bekannte Fragen [z]um Ver­ hältnis von Leib und Seele, Geist und Materie im Kontext neuerer Cy­ ber­ Philosophien neu stellen, ist der Wortgebrauch heute doch ein völlig anderer, ja geradezu entgegengesetzter.“ (Valentin 2004) Die metaphysische Reflexion über die Möglichkeit des Verhältnisses eines höchsten Wesens zu seiner Schöpfung hat bloß die Überschriften mit einer Phänomenologie der Telepräsenz gemein. Handgreiflich ist die Inkompatibilität angesichts des Befundes im 1. Punkt. So expansiv die Feinsinne erweitert werden können, so stationär ist der da- zugehörige Körper. Mit der Multipräsenz engelhafter Wesen hat das nichts zu tun. Joachim Valentin skizziert ein gegenwärtig verbreitetes Verständ- nis: „Heute bezeichnen wir mit dem Begriff Virtualität eher einen effectus, also einen fiktional generierten Raum, der zunächst definitiv nicht all­ tagsreal werden kann (und soll) und uns doch in hyperrealer Perfektion entgegentritt, so dass die Grenzen zwischen Realität und Fiktion zu ver­ schwimmen drohen.“ (Valentin 2004) Virtualität ist nicht „alltagsreal“, aber gerade darum, als Ersatzwirklich- keit, fiktiv perfektionierbar. Sie ist die neueste Form der „willing suspen- sion of disbelief“ (S. T. Coleridge) in „virtuellen Realitäten“. In dieser Auf- 8 Einem anonymen Gutachter ver- danke ich den in den folgenden Ab- sätzen herangezogenen Beitrag von Joachim Valentin. „Der Begriff tac- tus virtualis bezeichnet das bis heute heikle theologische Problem, wie denn der Kontakt zwischen der Welt der Engel und der materiellen Welt vorgestellt werden sollte – durch den tactus virtualis eben.“ (Valentin 2004) Mit der Multipräsenz engelhafter Wesen hat Virtualität heute nichts zu tun.
back to the  book Limina - Grazer theologische Perspektiven, Volume 3:2"
Limina Grazer theologische Perspektiven, Volume 3:2
Title
Limina
Subtitle
Grazer theologische Perspektiven
Volume
3:2
Editor
Karl Franzens University Graz
Date
2020
Language
German
License
CC BY-NC 4.0
Size
21.4 x 30.1 cm
Pages
270
Categories
Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven
Web-Books
Library
Privacy
Imprint
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Limina