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LIMINA - Grazer theologische Perspektiven
Limina - Grazer theologische Perspektiven, Volume 3:2
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Page - 83 - in Limina - Grazer theologische Perspektiven, Volume 3:2

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83 | www.limina-graz.eu Herbert Hrachovec | Omnipräsenz / Telepräsenz fassung fehlt ein entscheidender Punkt. Telepräsenz ist kein „fiktional ge- nerierter Raum“, auch wenn die Stätten dieser „Realitäten“ phantasievoll ausgeschmückt sein mögen. Sie ist keine Cyperpoesie, sondern eine Kom- munikationsform leibhaftiger Personen auf der Basis digitaler Vorrichtun- gen. Die sensorische Ausstattung „alltagsrealer“ Körper erweitert sich zu einem interaktiven Steuerungsorgan im Rahmen einer material fundier- ten Welt. Stromausfälle setzen der virtuellen Realität ein jähes Ende. Es empfiehlt sich darum, zu ihrem Verständnis im informationstechnischen Kontext auf den dezidiert unmetaphysischen Gebrauch zurückzugreifen, den die Computerwissenschaft von diesem Begriff macht. Virtuell nennt sie einen Zusammenhang, in dem die Wirkung eines physikalisch vorlie- genden Werkteils oder Gerätes funktionsäquivalent von einer Software- konstruktion übernommen wird. Die Wirkweise eines Ausgangssystems wird in einem Zielsystem zufriedenstellend reproduziert (Hrachovec 2002). Die ZuseherInnen im Fernsehen, um auf das obige Beispiel zurückzugrei- fen, sind bei der Protestkundgebung anwesend, sofern das Kriterium der Protestkundgebung in der Teilnahme durch Sehen und Hören besteht. Die- se Funktionalität vermag die Technik zu reproduzieren. Ausgespart bleibt, was das Ausgangssystem, abgesehen vom Kriterium, sonst noch charakte- risiert. Anders gesagt: Virtualisierung reglementiert einen Handlungszusammen- hang im Interesse einer spezifischen Aufgabe. Der Ausgangspunkt sei eine Dorfgemeinschaft, dann spricht man von einem „globalen Dorf“ im Hin- blick darauf, dass verschiedene, in bestehenden Dörfern zu beobachtende Eigenschaften im Medium des World Wide Web nachgebildet werden kön- nen: Rufweite, ungenierter Meinungsaustausch, Direktkommunikation, Nachbarschaftshilfe. Es würde niemandem einfallen, vom globalen Dorf zu erwarten, dass es die Spezifika von Pueblos, Oasen oder Marktflecken wie- dergibt. Derselben Logik entsprechend liegt der individuelle Körper außer- halb der Reichweite der Telepräsenz. Blickt man von diesem Befund aus zurück auf die Vorstellung von Omni- präsenz, ist leicht zu sehen, dass die Zusammenstellung von Materialität und Technik mit dem Amalgam von Christentum und griechischer Philo- sophie einer Luftbrücke gleichkommt. Virtualisierung reglementiert einen Handlungszusammenhang im Interesse einer spezifischen Aufgabe.
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Limina Grazer theologische Perspektiven, Volume 3:2
Title
Limina
Subtitle
Grazer theologische Perspektiven
Volume
3:2
Editor
Karl Franzens University Graz
Date
2020
Language
German
License
CC BY-NC 4.0
Size
21.4 x 30.1 cm
Pages
270
Categories
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