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LIMINA - Grazer theologische Perspektiven
Limina - Grazer theologische Perspektiven, Volume 4:2
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60 | www.limina-graz.eu Gerhard Langer | Essen und Trinken als Ausdruck von Identität und Diversität im (rabbinischen) Judentum 10 Recht und Ethos Essen und Trinken werden in der jüdischen Tradition nicht in erster Li- nie aus gesundheitlichen Erwägungen diskutiert – auch wenn diese nicht fehlen15 –, sondern haben stärker mit der spezifischen Gottesbeziehung des Volkes Israel zu tun, mit der Definition und Bewahrung von Identität nach außen und der Diskussion um sie innerhalb der Gemeinschaft. Schon die Bibel verbindet die Speisegebote eng mit anderen Identitätsmarkern, die das Besondere Israels bestimmen sollen und vor allem die Bereiche des Ethos und des Rechts betreffen. Hier kann man beispielhaft Lev 19 nennen, wo die Heiligkeit Israels als Nachahmung der Heiligkeit Gottes betont wird. Dabei wird zuerst die Ach- tung der Eltern erwähnt, danach der Schabbat, das Verbot von Götzen- dienst, worauf Regelungen zum Schlachten folgen, zur Ernte eines Fel- des und eines Weinbergs mit Berücksichtigung der Armen und Fremden, danach geht es gegen Betrug und Ausbeutung, um gerechtes Richten, um die Vermeidung von Hass und das verantwortungsvolle Umgehen mit dem Nächsten, den man wie sich selbst lieben soll. Darauf folgen Regelungen gegen verbotene Mischungen bei Tieren und Saaten und bei der Kleidung, um verbotene Beziehungen und um die Pflanzungen von Fruchtbäumen, die danach drei Jahre lang nicht geerntet werden dürfen. Blut wird unter- sagt, die richtige Bartpflege erwähnt, verschiedene Bestimmungen wer- den getroffen, die Israel von Praktiken fernhalten sollen, die irgendwie mit Fremdgötterdienst verbunden sind. Dann folgen wieder Regelungen zur Ehre von Älteren, von Fremden, zum gerechten Umgang im Handel und auf dem Markt. Insgesamt ist das Buch Levitikus ein wunderbares Beispiel, wie man das gesamte Leben in all seinen Bereichen, vom ganz Persönlichen bis zum Gottesdienst, unter dem Aspekt der Heiligkeit zu begreifen und zu beschreiben sucht, wobei die Speisegebote einen nicht geringen Beitrag leisten. Auch die Rabbinen verstehen sie immer wieder im Zusammenhang mit dem richtigen ethischen Verhalten. Dafür dient auch ein bestimmter Begriff: tzeniut. Er bezeichnet den idealen Habitus des Gelehrten. Die Über- setzungen für tzanua mit „fromm“, „bescheiden“ oder „züchtig“ oder die heute oft anzutreffende Beschränkung auf sittsame Kleidung treffen nur einen kleinen Teil dessen, was die Rabbinen meinten. Im außertalmudi- 15 Der Aspekt der Gesundheit spielt etwa bei Maimonides eine große Rolle (vgl. seinen Führer der Verwirr- ten III 48) und wird immer wieder aufgegriffen. Für das liberale Juden- tum bildeten vor allem die gesund- heitlichen Erwägungen Gründe, die Speisegebote nicht gänzlich zu ver- werfen. Man sucht das gesamte Leben unter dem Aspekt der Heiligkeit zu begreifen und zu beschreiben.
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Limina Grazer theologische Perspektiven, Volume 4:2
Title
Limina
Subtitle
Grazer theologische Perspektiven
Volume
4:2
Editor
Karl Franzens University Graz
Date
2021
Language
German
License
CC BY-NC 4.0
Size
21.4 x 30.1 cm
Pages
214
Categories
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