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LIMINA - Grazer theologische Perspektiven
Limina - Grazer theologische Perspektiven, Volume 4:2
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88 | www.limina-graz.eu Claudia D. Bergmann | Allein am Tisch? Einführung Schon, wenn zwei Menschen an einem Tisch zusammenkommen, ge- schieht Rituelles. Wer übernimmt die Rolle des Gastgebers oder der Ver- sorgerin? Wer serviert, wer empfängt die Speisen und Getränke? Was wird an einem Wochentag angeboten, was an einem Festtag? Wie wird der Tisch gedeckt? Wer sitzt wo? Wer bekommt zuerst? Wenig von dem, was am ge- meinschaftlichen Tisch geschieht, wird dem Zufall überlassen. Sollte es sich um ein gemeinsames Mahl außerhalb des privaten Kontexts handeln, kommt das Rituelle umso mehr zum Vorschein. Das Festessen bei einer Abiturfeier, ein Hochzeitsmahl, ein Staatsbankett mit hochgestell- ten diplomatischen Würdenträger:innen – alle diese Mähler folgen einer bestimmten Dramaturgie und sind Inszenierungen, die die Bedeutung des Anlasses symbolisch darstellen, die Identität der Teilnehmenden abbilden oder festigen und die Gemeinschaft als solche stärken. Bei einer Abiturfeier sind die Abiturient:innen und ihre Eltern sowie die Lehrer und Lehrerinnen eingeladen, die die jungen Erwachsenen mit der Übergabe der Zeugnisse in die Gemeinschaft derer mit Hochschulreife aufgenommen haben und nun diesen Anlass fröhlich und meist mit einem Glas Sekt und einem Trink- spruch feiern. Das neuvermählte Paar sitzt bei einem Hochzeitsmahl vorn und im Zentrum des Geschehens, meist umgeben von den Eltern zu beiden Seiten, den Zusammenschluss zweier Familien symbolisierend. Bei einem Staatsbankett sind sowohl die Abläufe als auch die Speisen und die Sitzord- nung streng ritualisiert und meist von Zeremonienmeistern orchestriert, um das Verhältnis zwischen den beteiligten Staaten und ihren Vertreter:in- nen angemessen abzubilden. Rituale spielen dann die größte Rolle, wenn es sich beim gemeinschaft- lichen Mahl um ein religiöses handelt. Die Mähler der Mysterienkulte, Mähler im Zusammenhang mit dem Totenkult, die jüdischen Festmähler wie das Sedermahl, die christliche Eucharistie bzw. das heilige Abend- mahl sind Beispiele für religiöse rituelle Mähler, bei denen die Kommu- nikation mit dem Heiligen und innerhalb der Gemeinschaft wichtiger ist als die Nahrungsaufnahme, die bestenfalls einen zweiten Rang einnimmt oder gänzlich zum Symbol wird (vgl. Bergmann 2016b). Auch religiöse Mähler etablieren Gemeinschaft, miteinander und mit der Gottheit, und Beim gemeinsamen Mahl geschieht Rituelles – insbesondere dann, wenn es sich um ein religiöses Mahl handelt.
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Limina Grazer theologische Perspektiven, Volume 4:2
Title
Limina
Subtitle
Grazer theologische Perspektiven
Volume
4:2
Editor
Karl Franzens University Graz
Date
2021
Language
German
License
CC BY-NC 4.0
Size
21.4 x 30.1 cm
Pages
214
Categories
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