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Agnethe Siquans | âDie Speise des Wortes Gottes essenâ
und Wein es erfreutâ (Ps. 103[104],15) kann das, was immer ĂŒber die Ent-
haltsamkeit, ĂŒber die Beachtung und Bewahrung der Anordnungen ge-
sagt wird, als Getreide gesehen werden, aus dem Brot wird und dieses
die Herzen der Zuhörer stÀrkt. Das hingegen, was sich auf die Erkenntnis
bezieht und durch die ErklÀrung des Verborgenen den Geist der Zuhörer
erfreut, wird offenbar auf den Wein und die Weinlese passen. Denn dem
Herzen wird Freude zuteil, wenn das, was verborgen und dunkel ist, er-
klĂ€rt wird.â (in Lev. hom. 16,5)
Das Wort Gottes, nicht das alltÀgliche Brot, ist es, das die stÀrkt und erfreut,
die nach der Erkenntnis des verborgenen Sinns der Schrift suchen.
4 Zusammenfassung
Essen, vor allem Brot und Fleisch, spielt in den Levitikushomilien des Ori-
genes eine wichtige Rolle. Schon im Bibeltext selbst bedeutet Essen mehr
als einfach nur Nahrungsaufnahme. Das Essen von Brot und Fleisch wird
im Kontext von Kultvorschriften geregelt. Origenes sieht im Text der Hei-
ligen Schrift eine spirituelle Bedeutung fĂŒr die christlichen GlĂ€ubigen ver-
borgen, die er ihnen in seinen Homilien erschlieĂen will. Grundlage dafĂŒr
ist die Ăberzeugung, dass die Schrift Wort Gottes ist und in allen Details die
Lehre Christi, der ja besonders im Johannesevangelium als das Wort Gottes
angesprochen wird, enthÀlt. Die verschiedenen ErwÀhnungen des Essens,
bestimmter Speisen und Rituale in Levitikus bezieht Origenes einerseits
auf Christus, andererseits auf seine Hörer/innen. Er ermahnt sie immer
wieder, das Wort Gottes zu hören und zu lesen, sich intensiv damit zu be-
schÀftigen, Predigten und Lehre anzuhören und so zu einem geistigen Ver-
stÀndnis zu gelangen. Auf diese Weise schreiten sie auf ihrem spirituellen
Seelenweg voran. FĂŒr Origenes sind die Heilige Schrift und ihre Auslegung
als Nahrung des Geistes ebenso lebensnotwendig wie Brot und Fleisch. Das
Lesen der Schrift fĂŒhrt zu spiritueller StĂ€rkung und Freude, die sich aller-
dings auch in christlichem Verhalten Ă€uĂern muss. Das ist die zentrale Bot-
schaft seiner Homilien, die er auf vielfache Weise durch Bilder von Essen
und Nahrung vermitteln will.
Limina
Grazer theologische Perspektiven, Volume 4:2
- Title
- Limina
- Subtitle
- Grazer theologische Perspektiven
- Volume
- 4:2
- Editor
- Karl Franzens University Graz
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 4.0
- Size
- 21.4 x 30.1 cm
- Pages
- 214
- Categories
- Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven