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Isabelle Jonveaux | Transfers des Fastens
nach innen, um seine tiefste Harmonie wieder zu spĂŒren. Die zweite Ebe-
ne ist, sich mit Gott wieder zu verbinden: âSich entrĂŒmpeln, um zum We-
sentlichen zu kommen, Entleeren, um mit dem Anderen aufzufĂŒllen ⊠von
Gott ⊠seine Gegenwart in meinem Leben willkommen zu heiĂen âŠâ (Frau,
50). Wie schon erwĂ€hnt, ist âeine der Funktionen des Fastens [âŠ] daher,
die Vorherrschaft der Seele zu bekrĂ€ftigenâ, die dann wieder fĂŒr Gott ver-
fĂŒgbar ist.
3 RĂŒckkehr des Fastens ins Kloster?
Eine nÀchste Stufe des Transfers des Fastens, die derzeit zu beobachten ist,
ist â im Anschluss an die VerĂ€nderungen in der sĂ€kularen Gesellschaft â
die RĂŒckkehr des Fastens ins Kloster. Beim Ăbergang vom Kloster in die
sÀkulare Gesellschaft und dann von der sÀkularen Gesellschaft ins Kloster
zurĂŒck erfĂ€hrt die Askese notwendigerweise eine Umformung nach un-
terschiedlichen Kriterien der Interpretation und Fragen der PlausibilitÀt:
ââĂbertragenâ ist nicht âtransportierenâ, sondern eher âmetamorphosie-
renââ (Espagne 2013, 1; Ăbersetzung I. J.)9.
Wie bereits erwĂ€hnt, war einer der AnstöĂe von Otto Buchinger, als er das
Heilfasten entwickelte, der, dass die Kirche ihre Funktion, diese Art von
Praxis zu fördern, verloren hatte. Höllinger und Tripold beobachten auch,
dass die Kirche auf die aktuelle Nachfrage nach holistischer Praxis nicht
antworten kann:
âDem BedĂŒrfnis, selbst Antworten auf der Grundlage von Erfahrungen zu
finden, kann die Kirche kaum nachkommen, weshalb sie fĂŒr die Akteure
des holistischen Milieus auch keine Orientierung in Sinnfragen anzubie-
ten vermag.â (Höllinger/Tripold 2012, 152)
Können Klöster, die nicht diözesane Einrichtungen sind und weniger kirch-
lich konnotiert sind, auf solch eine Nachfrage antworten?
Holistisches Angebot in Klöstern
Klöster werden â im Vokabular von Höllinger/Tripold (2012) â zunehmend
âAnbieter holistischer AktivitĂ€tenâ. Die Internetseite der Organisation
Klösterreich (vgl. https://www.kloesterreich.at/ [18.08.2021]), die dazu bei-
trĂ€gt, die AktivitĂ€ten der Klöster in Ăsterreich bei einem nicht unbedingt
9 Im Original: âTransfĂ©rer, ce nâest
pas transporter, mais plutÎt méta-
morphoser.â
Limina
Grazer theologische Perspektiven, Volume 4:2
- Title
- Limina
- Subtitle
- Grazer theologische Perspektiven
- Volume
- 4:2
- Editor
- Karl Franzens University Graz
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 4.0
- Size
- 21.4 x 30.1 cm
- Pages
- 214
- Categories
- Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven