Page - 46 - in Logiken der Sammlung - Das Archiv zwischen Strategie und Eigendynamik
Image of the Page - 46 -
Text of the Page - 46 -
46â â
Sabine Folie
der zwangslĂ€ufigen DokumentationslĂŒcken nicht mehr eindeutig nachvollzogen
werden kann.
Es gibt Systematiken der Bibliothek, der Dokumente, Skizzen und Videos, die
vertikal und horizontal gewissermaĂen teilweise nach Medien organisiert sind
(Korrespondenz nach Jahren, Projekten geordnet, Videosammlung, Dias, Druck-
sorten, Fotos etc.), und nach Themen/Projekten/Werken. NatĂŒrlich trifft man hier
auch gerade in den 1980er-Jahren auf die Typoskripte, die mit der mechanischen
Schreibmaschine getippt wurden und spÀter mit dem Computer und damit
zusammenhĂ€ngend auf die oftmals schwer zu benĂŒtzenden DatentrĂ€ger/Disket-
ten etc. Die Prozesse der kĂŒnstlerischen Arbeit werden neben Skizzen und Kon-
zepten unter anderem ĂŒber diverse Archivalien sichtbar und die Persona der
KĂŒnstlerin, die Facetten der AktivitĂ€ten, zeigen sich.
Von auĂen betrachtet scheint es, dass VALIE EXPORT akribisch gesammelt
hat, alles aufbewahrt und kaum skartiert hat, das heiĂt, es gibt sehr viel Material,
wie Typoskripte, die in mehrfachen Ausfertigungen und, ja, Ăberarbeitungen,
vorhanden sind. Das heiĂt, die verschiedenen Stufen und Ăberarbeitungen von
Texten beispielsweise, aber auch von Werken, sind oft belegt.
4â
Das hermeneutische Interesse
Was mir immer am schwersten fÀllt in meinem Gedankenarchiv ist die Zuordnung. Ich
ordne Dinge zu und merke aber, dass noch viele andere Zuordnungen möglich wÀren und
ich mĂŒsste die Unterlagen auch dort noch zuordnen. Die Archivstruktur war von mir nicht
als Archivstruktur gedacht. (Zit. n. Winkelmayer 2016, 7)
Ein Archiv ist immer in sich âverschachteltâ, wie eine Komposition, die auch immer wieder
Kompositionsteile aufgreift, âverĂ€ndertâ unterschiedlich zusammenfĂŒgt. Man könnte auch
sagen eine mediale, filmische âSuper-Ăberblendungâ. So habe ich auch mein Archiv immer
gesehen. Ich habe nicht archiviert, weil ich dachte, ich werde das JETZT fĂŒr eine spĂ€tere Zeit
aufheben, sondern weil es in dieser Zeit WAR und weil ich mir dachte, dass ich DIESE Zeit
mittels einer GedĂ€chtnisstruktur und dem materiellen GedĂ€chtnis â also der Teile des
Archivs â in die zukĂŒnftige Zeit transferieren kann. (Zit. n. Winkelmayer 2016, 4)
Zusammenfassend: Das Archiv ist wie jedes KĂŒnstlerInnenarchiv ein idiosynkra-
tisches und die Aufgabe, die sich nun stellt, ist diesem idiosnykratischen Archiv
mit einer gewissen âwissenschaftlichenâ Systematik zu begegnen. Es gilt, die
ursprĂŒngliche Ordnung von VALIE EXPORT zwar zu erhalten, damit gewisse
Nachbarschaften, NĂ€hen, die auf den ersten Blick nicht erkennbare BezĂŒge erhel-
len, erhalten bleiben, gleichzeitig aber das zu machen, was VALIE EXPORT mit
dem Satz: âTeile werden zu einem Archiv-âSkelettâ zusammengefĂŒgtâ beschrieben
Logiken der Sammlung
Das Archiv zwischen Strategie und Eigendynamik
- Title
- Logiken der Sammlung
- Subtitle
- Das Archiv zwischen Strategie und Eigendynamik
- Authors
- Petra-Maria Dallinger
- Georg Hofer
- Publisher
- De Gruyter Open Ltd
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-11-069647-9
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 202
- Keywords
- Archiv, Nachlassinventar
- Categories
- Weiteres Belletristik