Page - 81 - in Logiken der Sammlung - Das Archiv zwischen Strategie und Eigendynamik
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Der eine kommt ins Archiv, der andere kommt nicht ins Archivâ â
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derum ein groĂer DĂŒringer-Fan ist und die besten DĂŒringer-Sketches (schlecht)
zur AuffĂŒhrung bringt, lĂ€sst in diesem Zusammenhang Einblicke in unterschied-
liche Praktikenkomplexe zu. Einerseits fĂŒhrt DĂŒringer den âStarâ, der er selbst
geworden ist, samt der damit einhergehenden Mythenbildung vor und spielt
zugleich mit dem Vorurteil des âauthentischenâ und âunverstelltenâ Kabarettis-
ten. Andererseits bietet die Darbietung selbst, die (bewusst oder unbewusst) mit
Elementen der Cringe-Comedy arbeitet, Einblicke in die kleinteiligen BĂŒhnen-
handlungen samt Requisiten. Im Scheitern der Sketche, auch durch körperliche
Aspekte wie schlechtes Timing, Versprecher oder schlicht eine schlechte Parodie,
wird deren abwesende, funktionierende Form vorgefĂŒhrt â sofern natĂŒrlich die
Zuseherin oder der Zuseher mit DĂŒringers Programmen vertraut ist. Da DĂŒringer
zum Zeitpunkt der AuffĂŒhrung, nach den Publikumserfolgen BenzinbrĂŒder-Show
(1997), Regenerationsabend (1999) und 250ccm/Die Viertelliterklasse (2001) zu
den bekanntesten und erfolgreichsten Kabarettisten in Ăsterreich gezĂ€hlt hat,
darf dies durchaus angenommen werden. Dass aber auch bei diesem avancierten
Konzept eine Re-Evaluierung Teil der Spielregeln und der damit einhergehenden
Praktiken ist, zeigt sich in der zweiten HĂ€lfte des Programms: Nachdem DĂŒringer/
DĂŒrflinger bis zur Pause die Zuseherinnen und Zuseher immer mehr irritiert hat,
setzt er in der zweiten HĂ€lfte auf seine gewohnte, dem Publikum bekannte Heran-
gehensweise und situiert die BĂŒhnenfigur DĂŒrflinger in einem sozio-kulturellen
Zusammenhang, dessen alltĂ€gliche LĂ€cherlichkeit DĂŒringer dann zum (fĂŒr das
Publikum) befriedigenden Programm macht.
Im Folgenden, da, im Gegensatz zum gebrachten Beispiel, die Sammlungen
des ĂKA insgesamt betrachtet werden sollen, passiert eine andere Schwerpunkt-
setzung. Durch den beschriebenen Zugang stehen bestimmte Beobachtungsbe-
reiche im Vordergrund, die Reckwitz mit Subjektkulturen identifiziert (vgl. Reck-
witz 2008, 135â147). GrundsĂ€tzlich werden dabei, wie erwĂ€hnt, Arbeit, Konsum,
Austausch (mit sich selbst und anderen), auch politische Gesinnung und damit
verbundenes Engagement als bestimmende Aspekte einer Subjektform herange-
zogen â inklusive metareflexiver/-pragmatischer Wendungen (vgl. Alkemeyer
2013, 49). Damit sind, wie ebenfalls bereits erwÀhnt, bestimmte Praktiken und
Artefaktkonstellationen verbunden, also z. B. bestimmte Technologien, eine
bestimmte rÀumliche Strukturierung und Kommunikationsmedien. Ebenfalls
damit verbunden und relevant sind Diskurse (textuell und visuell) als ReprÀsen-
tationsformen.
Logiken der Sammlung
Das Archiv zwischen Strategie und Eigendynamik
- Title
- Logiken der Sammlung
- Subtitle
- Das Archiv zwischen Strategie und Eigendynamik
- Authors
- Petra-Maria Dallinger
- Georg Hofer
- Publisher
- De Gruyter Open Ltd
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-11-069647-9
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 202
- Keywords
- Archiv, Nachlassinventar
- Categories
- Weiteres Belletristik