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Der eine kommt ins Archiv, der andere kommt nicht ins Archiv
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derum ein großer Düringer-Fan ist und die besten Düringer-Sketches (schlecht)
zur Aufführung bringt, lässt in diesem Zusammenhang Einblicke in unterschied-
liche Praktikenkomplexe zu. Einerseits führt Düringer den „Star“, der er selbst
geworden ist, samt der damit einhergehenden Mythenbildung vor und spielt
zugleich mit dem Vorurteil des „authentischen“ und „unverstellten“ Kabarettis-
ten. Andererseits bietet die Darbietung selbst, die (bewusst oder unbewusst) mit
Elementen der Cringe-Comedy arbeitet, Einblicke in die kleinteiligen Bühnen-
handlungen samt Requisiten. Im Scheitern der Sketche, auch durch körperliche
Aspekte wie schlechtes Timing, Versprecher oder schlicht eine schlechte Parodie,
wird deren abwesende, funktionierende Form vorgeführt – sofern natürlich die
Zuseherin oder der Zuseher mit Düringers Programmen vertraut ist. Da Düringer
zum Zeitpunkt der Aufführung, nach den Publikumserfolgen Benzinbrüder-Show
(1997), Regenerationsabend (1999) und 250ccm/Die Viertelliterklasse (2001) zu
den bekanntesten und erfolgreichsten Kabarettisten in Österreich gezählt hat,
darf dies durchaus angenommen werden. Dass aber auch bei diesem avancierten
Konzept eine Re-Evaluierung Teil der Spielregeln und der damit einhergehenden
Praktiken ist, zeigt sich in der zweiten Hälfte des Programms: Nachdem Düringer/
Dürflinger bis zur Pause die Zuseherinnen und Zuseher immer mehr irritiert hat,
setzt er in der zweiten Hälfte auf seine gewohnte, dem Publikum bekannte Heran-
gehensweise und situiert die Bühnenfigur Dürflinger in einem sozio-kulturellen
Zusammenhang, dessen alltägliche Lächerlichkeit Düringer dann zum (für das
Publikum) befriedigenden Programm macht.
Im Folgenden, da, im Gegensatz zum gebrachten Beispiel, die Sammlungen
des ÖKA insgesamt betrachtet werden sollen, passiert eine andere Schwerpunkt-
setzung. Durch den beschriebenen Zugang stehen bestimmte Beobachtungsbe-
reiche im Vordergrund, die Reckwitz mit Subjektkulturen identifiziert (vgl. Reck-
witz 2008, 135–147). Grundsätzlich werden dabei, wie erwähnt, Arbeit, Konsum,
Austausch (mit sich selbst und anderen), auch politische Gesinnung und damit
verbundenes Engagement als bestimmende Aspekte einer Subjektform herange-
zogen – inklusive metareflexiver/-pragmatischer Wendungen (vgl. Alkemeyer
2013, 49). Damit sind, wie ebenfalls bereits erwähnt, bestimmte Praktiken und
Artefaktkonstellationen verbunden, also z. B. bestimmte Technologien, eine
bestimmte räumliche Strukturierung und Kommunikationsmedien. Ebenfalls
damit verbunden und relevant sind Diskurse (textuell und visuell) als Repräsen-
tationsformen.
Logiken der Sammlung
Das Archiv zwischen Strategie und Eigendynamik
- Titel
- Logiken der Sammlung
- Untertitel
- Das Archiv zwischen Strategie und Eigendynamik
- Autoren
- Petra-Maria Dallinger
- Georg Hofer
- Verlag
- De Gruyter Open Ltd
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-11-069647-9
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 202
- Schlagwörter
- Archiv, Nachlassinventar
- Kategorien
- Weiteres Belletristik