Page - 94 - in Logiken der Sammlung - Das Archiv zwischen Strategie und Eigendynamik
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94â â Dominik Srienc
ins Archiv bislang verabsÀumt.5 Schon die KomplexitÀt und Vielgestalt der
Begriffe âKleine Literaturenâ, âArchivâ und âKĂ€rntner slowenische Literaturâ zeigt,
wie weitlÀufig dieser Raum zu denken ist, dessen Radius abgesteckt werden soll.
In drei Schritten wird nachfolgend die Archivlandschaft der KĂ€rntner sloweni-
schen Literatur herausgearbeitet und zwar entlang einer Analyse, welche das
VerhÀltnis von chronologischen Grenzen und rÀumlichen Grenzen, den spezifi-
schen Entstehungsbedingungen und institutionellen Voraussetzungen und Hin-
tergrĂŒnden in den Blick nimmt. ZunĂ€chst im Sinne eines Zusammenlesens der
Begriffsfelder âSammelnâ und âLesenâ, dann des Zusammenlesens âKleiner Litera-
turenâ und âKleiner Archiveâ; sowie des Versuchs einer ersten Bestandsaufnahme
der Archivlandschaft der KĂ€rntner slowenischen Literatur; und schlieĂlich einer
Analyse, die Institution, Sammlung(en), und gelebte (ĂŒber-)regionale Sammel-
praxis anhand zweier konkreter BestÀnde, von Florjan Lipuƥ und Peter Handke,
in den Blick nimmt. Im Zuge dieser Darstellung erfolgt auch die Frage, inwieweit
sich die gesammelten BestĂ€nde ĂŒber ihren eigenen Ort verstĂ€ndigen.
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Kleine Literaturen. Kleine Archive?
Wie lĂ€sst sich also eine âkleine Literaturâ zusammenlesen? Wie wird sie von Archi-
ven gesammelt? Und welche Rolle spielen Archive als Institutionen in diesem
Bestimmungsprozess? Der Begriff der âkleinen Literaturenâ ist nicht unproblema-
tisch, Jeanne Gleseners differenzierte Begriffstypologie verweist auf die irrefĂŒh-
rende Verwendung der Begriffe âkleine Literaturenâ, âmineurâ oder âminor-min-
der-MinoritĂ€tâ, was eine âkleine Literaturâ sei, bleibt umstritten. Besonders im
Fall von âMinoritĂ€tenliteraturenâ (Glesener 2019, 58) seien Institutionalisierungs-
und somit auch Archivierungsprozesse keine SelbstverstÀndlichkeit, worauf ihre
Randposition innerhalb des âdominierenden Literaturfeldesâ sowie das unabge-
schlossene Streben um die offizielle Anerkennung von politischen wie kulturel-
len Rechten ein Indikator seien. Franz Kafka hat sich mit den Besonderheiten
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Eva Schörkhuber wÀhlt in Akte(n) der Verwahrung. ZugÀnge zu einem Archiv der Literatur ent-
lang exemplarischer LektĂŒren von Maja Haderlap, Bogdan BogdanoviÄ und Elfriede Jelinek (2019)
einen dezidiert kulturwissenschaftlichen Ansatz, um den theoretischen Archiv-Begriff literatur-
wissenschaftlich operabel zu gestalten und spricht in diesem Zusammenhang von Archiv der
Literatur, ohne einen Gang ins Archiv zu wagen. Das 2018 initiierte Projekt SolidaritÀt an der Gren-
ze unter der kĂŒnstlerischen und wissenschaftlichen Leitung von Elena Messner, Dana Rausch, To-
bias Zarfl und Dominik Srienc versucht dem Nachlass Janko Messners auf die Spur zu kommen
und ein Videoarchiv zur KĂ€rntner slowenischen Kulturgeschichte zu schaffen: https://www.text-
feldsuedost.com/videoarchiv-zur-k%C3%A4rntner-slowenischen-kulturgeschichte/ (25.11.2019).
Logiken der Sammlung
Das Archiv zwischen Strategie und Eigendynamik
- Title
- Logiken der Sammlung
- Subtitle
- Das Archiv zwischen Strategie und Eigendynamik
- Authors
- Petra-Maria Dallinger
- Georg Hofer
- Publisher
- De Gruyter Open Ltd
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-11-069647-9
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 202
- Keywords
- Archiv, Nachlassinventar
- Categories
- Weiteres Belletristik