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Mauthausen und die nationalsozialistische Expansionsund Verfolgungspolitik, Volume 1
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Page - 73 - in Mauthausen und die nationalsozialistische Expansionsund Verfolgungspolitik, Volume 1

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73Das Mauthausen Survivors Documentation Project (2002/03) | das bedeuten, dass die Bereitschaft und Fähigkeit, ihre Erfahrungen im KZ zu einer (freien) Lebensgeschichte zusammenzubauen, auch davon abhängt, welchen Stel- lenwert diese Verfolgungserfahrung bisher schon in ihrer Lebenswelt eingenommen hatte. Auch bei Frauen, die um ihre Lebensgeschichte gebeten wurden, war oft die erste Antwort, es gebe ja nichts zu erzählen, da sie nur in der Familie und abseits der «Öffentlichkeit» gelebt hätten ; erst danach begannen sie, vor allem wenn sie aus wenig literaten Schichten kamen, im Prozess des Interviews ihre Biografie zu erzählen, das heißt auch zu konstruieren.49 Die Interviewenden sollten nach unserem Schema durch «aktives Zuhören» (Inte- resse und Mitgefühl zeigen, durch Verstehen deutlich machen oder nur durch auffor- derndes «Hmhm» etc.) die Interviewten zum Weitererzählen ermutigen, gleichzeitig aber die Haupterzählung möglichst wenig durch Fragen unterbrechen, und zwar auch dann nicht, wenn etwa die interviewte Person von der anfangs gewählten Chronologie in der Erzählung abwich oder Geschichten wiederholte. Fragen nach dem Wer, Wann, Wo, Wie und Warum sollten hintangestellt werden. Diese konnten, falls nötig, in der zweiten Interviewphase erfolgen  – eine zweifelhafte Entscheidung, da dadurch man- ches im Detail ungeklärt blieb. Erst nachdem die interviewte Person von sich aus mit ihrer Lebensgeschichte geen- det hatte, sollten in der zweiten Phase eventuelle Unklarheiten oder Widersprüche in der Biografie und in der sonstigen Erzählung nachfragend geklärt werden, eine Phase, die relativ wenig problematisch schien, jedoch aktuelle historische bzw. sozialwissen- schaftliche Sachkenntnis vom KZ-System und von der nationalsozialistischen Verfol- gung erforderte, was nicht immer der Fall war.50 In der dritten Phase sollten einzelne im Interview bereits angesprochene Themenbe- reiche vertieft sowie bislang nicht thematisierte Aspekte und Fragestellungen von den Interviewerinnen und Interviewern noch eingebracht werden. Auch hier war darauf zu achten, dass wiederum erzählgenerierend gefragt wurde, also weniger nach damaligen Haltungen oder Ereignissen geforscht, sondern eher versucht wurde, Geschichten, Epi- soden, Anekdoten, Personenbeschreibungen, Konflikte etc. zu evozieren. Inhaltlich wurden in den Interviews jedoch Schwerpunkte bei jenen Themenberei- chen und Aspekten der Verfolgung, KZ-Haft und des Überlebens gesetzt, die auch in heutigen geschichtswissenschaftlichen Diskursen noch als zentral und relevant gelten. Entsprechend der Bandbreite der Themenbereiche und der Emotionalität und Intimität der persönlichen Geschichten erwies sich dieser eher offene, die Erzählung stimulierende, wenngleich einem Leitfaden folgende Interviewstil generell als sinnvoll. 49 Vgl. Pierre Bourdieu : L’illusion biographique, in : Actes de la recherche en sciences sociales 62.1 (1986), S. 69–72. 50 Wir folgen dabei einem damals erst ansatzweise erprobten Verfahren, siehe jedoch : Gerhard Botz : Nach- wort zur Entstehung der erzählten Lebensgeschichte von Margareta Glas-Larsson, in : Glas-Larsson, Ich will reden, S. 270–272. Grundsätzlich dazu Rosenthal, Erlebte und erzählte Lebensgeschichte. Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Mauthausen und die nationalsozialistische Expansionsund Verfolgungspolitik Volume 1
Title
Mauthausen und die nationalsozialistische Expansionsund Verfolgungspolitik
Volume
1
Authors
Gerhard Botz
Alexander Prenninger
Regina Fritz
Editor
Heinrich Berger
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2021
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-21217-1
Size
16.8 x 23.7 cm
Pages
426
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen
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